Rohmaterial und Ausgangspunkt der Werke der aus Schweiz stammenden und heute in Bludenz lebenden und arbeitenden Künstlerin Dorothea Rosenstock sind zumeist industriell in Finnland hergestellte Papiergarne. Die Künstlerin verarbeitet dieses textiluntypische Material am Handwebstuhl zu Geweben und Objekten. Rohfarbig oder gebleicht, aber auch in einem breiten Farbspektrum gefärbt, ist das Papiergarn Material und Inspiration der künstlerischen Tätigkeit zugleich. Das Theater im Saumarkt zeigt in seinen Räumlichkeiten noch bis Ende Dezember einen Querschnitt an Arbeiten, die einen Zeitrahmen von rund fünfzehn Jahren umschließen.
Insgesamt sind an den Wänden des Saumarktes sechsundzwanzig Exponate zur Schau gestellt. Darunter die dreiteilige Arbeit „Sonntage“, die aus unterschiedlich gearbeiteten vertikalen Bahnen aus Papiergewebe besteht und 2009 in Finnland entstanden ist, als Rosenstock an der Aalto Universität Helsinki Textildesign und Kunst studiert hatte. Weiters zu sehen etwa die „Schätze“ I, II und III aus dem Jahre 2016, bei denen die Künstlerin Objekte wie Knöpfe, Ringe, Münzen oder einen kleinen Schlüssel in die aus Papier und Nylon bestehenden Gewebe eingearbeitet hat. Ganz neu die Werke „Im Rhythmus der Fäden“ und „Hängen lassen“, bei denen die waagrecht eingeflochtene Papierfäden wie Fransen über das auf Keilrahmen applizierte Gewebe hinaus nach unten hängen.
Beeindruckend auch die ebenfalls 2025 entstanden Stücke „Hochs und Tiefs“ und „Das kleine Rote“, bei denen grauschwarze oder rote Bänder so ins Gewebe eingeflochten sind, dass sie Verdichtungen und Verdünnungen hervorrufen und dem „Bild“ eine reliefartige Struktur verleihen.
Den Abschluss der Ausstellung bildet im oberen Stock ein monumentaler „Flügel“, der aus weißer Plastikschur gewebt und geknüpft ist und von der Wand weg über die Ballustrade hängend installiert ist.
Zum Schaffen der am Zürichsee aufgewachsenen Künstlerin ist unter dem Titel „Filled with Paper“ kürzlich auch ein überaus bibliophiles Buch erschienen, in dessen Vorspann es heißt: „Dorothea Rosenstock webt und knüpft in ihrem Atelier in vielen Stunden Papiergarn akribisch zu Gewächsen, Objekten, Dingen und Undingen. Sie arbeitet im Rhythmus der Zeit. Das kontemplative Tun strukturiert ihren Alltag.“ In dieser Publikation enthalten ist auch ein sehr einfühlsamer und persönlicher Text von der Autorin und Zeichnerin Gabriele Bösch. die unter anderem schreibt: „Aus allen Werken, aus dem Gesamtwerk, spricht im Umgang mit Farbe und Raum jene Zuneigung zur Welt, die alle wichtigen Themen des Lebens aufgreift, sie miteinander verwebt und sie in der grundlegenden Fragestellunng gleichzeitig zur Antwort erhebt: Alles wirkt auf alles. Ohne Gegenüber gibt es nicht Raum.“ Und an anderer hält Bösch zum Vorgehen Rosenstocks fest: „Papier ist nicht länger Hüter der Fragilität – es zeigt uns unsere eigene Zer- und Gebrechlichkeit auf.“
Dorothea Rosenstock: „Im Rhythmus der Fäden“
Theater am Saumarkt, Feldkirch
Bis Ende Dezember