Differenzierte Charakterrollen statt Star-Image: Edward G. Robinson

Klein von Wuchs, korpulent, gedrungener Kopf – Rein äußerlich prädestinierte den 1893 geborenen Edward G. Robinson nichts zum Hollywoodstar, doch mit Gangsterrollen wurde er berühmt, und konnte später auch als Charakterdarsteller brillieren. Das Filmpodium Zürich erinnert an den 1973 verstorbenen Schauspieler mit 15 seiner wichtigsten Filme.

Die meisten klassischen Hollywoodstars von Clark Gable über Cary Grant bis James Stewart und Gregory Peck gewannen das Publikum allein schon über ihr Aussehen. Edward G. Robinson musste sich das Interesse der Zuschauer dagegen erspielen, musste durch den differenzierten Charakter seiner Figuren fesseln.

15 Jahre hatte der als Emanuel Goldenberg geborene Sohn rumänischer Juden, die aufgrund der Pogrome in ihrer Heimat Anfang des 20. Jahrhunderts in die USA ausgewandert waren, am Broadway und in jiddischen Theatern sowie Nebenrollen in einigen Filmen gespielt, ehe er 1931 über Nacht mit der Hauptrolle des Gangsters Rico Bandello in Mervyn LeRoys "Little Caesar" den Durchbruch schaffte.

Robinson war auch hier zunächst für eine Nebenrolle vorgesehen, doch beim Vorsprechen begeisterte er Produzent Hal B. Wallis so, dass dieser ihm die Hauptrolle gab. Wie James Cagney etwa zeitgleich in William A. Wellmans "Public Enemy" verstand es auch Robinson seinen Gangster mit Aggressivität aufzuladen und seine Skrupellosigkeit überzeugend zu vermitteln.

Auf ähnliche harte Rollen wurde er nach diesem Erfolg zunächst festgelegt, spielte den zynischen Chefredakteur in "Five Star Final" ("Spätausgabe", 1931), Mervyn Leroys scharfer Abrechnung mit dem Sensationsjournalismus, ebenso wie einen Killer in William A. Wellmans "The Hatchet Man" ("Der Rächer des Tong", 1932).

Im Gegensatz zu diesen Rollen galt Robinson privat als feinfühliger Mann. Waffen waren ihm zuwider, Kunst dagegen liebte er und erwarb zahlreiche Kunstwerke, musste seine Sammlung aber verkaufen, als er sich 1956 nach fast 30 Ehejahren von seiner Frau scheiden ließ, um die 25 Jahre jüngere Modedesignerin Jane Bodenheimer zu heiraten.

Spätestens mit John Fords Kriminalkomödie "The Whole Towns Talking" ("Stadtgespräch", 1935) konnte er sein Rollenfach erweitern. In einer Doppelrolle spielt er einerseits in Tradition seiner bisherigen Rollen einen Verbrecher, andererseits aber auch einen unbescholtenen Bürger. Zwischen diesen beiden Polen wird die Karriere Robinsons, der in über 100 Filmen spielte, von nun an pendeln.

So steht dem skrupellosen Box-Manager in "Kid Galahad" (Michael Curtiz, 1937) der angesehene Professor in Fritz Langs "The Woman in the Window" ("Gefährliche Begegnung", 1944) gegenüber. Dass freilich auch in letzterem Abgründe schlummern, wird dadurch deutlich, dass dieser Professor sich in einem Traum in eine verführerische Frau verliebt und in ein Verbrechen verstrickt wird.

Bot Robinson sich von seinem Äußeren her nicht für strahlende Heldenfiguren an, so war er doch prädestiniert für die Verkörperung des Chemikers und Arztes in "Dr. Ehrlich´s Magic Bullett" ("Paul Ehrlich – Ein Leben für die Forschung", William Dieterle, 1940) oder als überzeugter Antifaschist für die Rolle des FBI-Agenten, der in "Confessions of a Nazi Spy" ("Ich war ein Spion der Nazis"; Anatole Litvak, 1939) einen Spionagering der Nazis zerschlägt.

Eine ähnliche Rolle spielte er 1946 in Orson Welles "The Stranger" ("Die Spur des Fremden", 1946), in dem er als Nazi-Jäger den in den USA unter neuer Identität lebenden Erfinder der Konzentrationslager aufspürt und schließlich enttarnt.

Die entschlossen antifaschistische Haltung machte Robinson in der McCarthy-Ära verdächtig. Weil er keine großen Rollen mehr erhielt und sich als Opfer kommunistischer Verschwörer sah veröffentlichte er einerseits 1952 einen Artikel mit dme Titel "How the Reds Made a Sucker out of Me" ("Wie die Roten mich zum Narren hielten") und verriet vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe einige Kommunisten. Dennoch blieben die Angebote für große Rollen aus, erst der erklärte Anti-Kommunist Cecil B. DeMille änderte dies, indem er Robinson in seinem Monumentalfilm "The Ten Commandments" ("Die zehn Gebote", 1956) besetzte.

Doch die große Zeit Hollywoods neigte sich dem Ende zu – und damit auch die der Stars dieser Ära. Zu brillieren verstand Robinson aber nochmals an der Seite von Steve McQueen in Norman Jewisons Pokerfilm "Cincinnati Kid" (1965) und in Richard Fleischers dystopischem Science-Fiction-Film "Soylent Green" ("Jahr 2022… die überleben wollen, 1973).

Dies sollte auch der letzte Film von Robinson, der nie einen Oscar gewann, aber posthum mit der begehrten Statuette ausgezeichnet wurde, bleiben, denn er starb nur zwei Wochen nach Abschluss der Dreharbeiten am 26. Januar 1973 an Blasenkrebs.

Trailer zu "Little Caesar"