Dieter Meier - In Conversation

Dieter Meier (*1945) ist Konzept- und Performancekünstler, Zeichner, Bildhauer, Filmemacher, Musiker, Essayist und Poet in einer Person. Mit "In Conversation" widmet das Aargauer Kunsthaus dem vielseitigen Kosmopoliten erstmals in der Schweiz eine umfassende Überblicksausstellung. Die Schau spannt den Bogen von den konzeptuellen und performativen Arbeiten der 1960er- und 70er-Jahre bis in die Gegenwart und macht deren weitgreifende Bedeutung mit zum Teil erstmals gezeigten Werken und Dokumentationen erfahrbar. Die Ausstellung bietet zudem die Gelegenheit, Dieter Meier als Musiker und versierten Gesprächspartner zu erleben.

Das Aargauer Kunsthaus präsentiert mit Dieter Meier einen aussergewöhnlichen Künstler, dessen Schaffen herkömmliche Gattungsgrenzen immer wieder überschreitet. Die Ausstellung bietet mit unterschiedlichen Bildern und Textdokumenten Einblicke in die frühen konzeptuellen Performances von Dieter Meier (Gehen, 1970, Zürich; Two Words, 1971, New York) und stellt Bezüge zur späteren Werkentwicklung her. In der Aufbruchstimmung von Fluxus, Konzeptkunst und aktionistischen Tendenzen der 1960er und -70er Jahre tritt Dieter Meier mit unerwarteten, situativen Aktionen auf und lässt das Publikum mitunter daran teilhaben.

Konzeptuelle Ansätze verbunden mit subversiven Gesten - etwa das fünf Tage dauernde Abzählen und Abfüllen von 100"000 Schrauben in Plastiktüten vor dem Zürcher Kunsthaus (5 Tage, 1969) sind bezeichnend für Dieter Meiers frühes Schaffen. Schon damals gilt seine Aufmerksamkeit dem eigentlich "Unnützen", womit er gängige Muster des Kunstbetriebs sowie gesellschaftliche Wertvorstellungen auf kritische und gleichzeitig humorvolle Weise unterwandert.

Ähnlich wie bei den Auftritten im öffentlichen Raum interessiert sich Dieter Meier auch in seinen Fotografien für unspektakuläre Situationen, Orte und Objekte (20 Pictures within 5 minutes, 1970; Lost Sculptures, 1976; Non Shots, 1980). Indessen widerfährt dem Bedeutungslosen gerade durch Dieter Meiers künstlerische Auseinandersetzung mit eben diesem eine Bedeutungsaufladung und subtile Ästhetik. Immer wieder ist sich Dieter Meier sein eigenes Arbeitsmaterial und schlüpft für seine Fotoserien und Videoarbeiten in fiktive Rollen und unterschiedliche Identitäten (As time goes by, 1974-2013; Der falsche Magier, 1982).

Als Vorläufer der Schweizer Videokunst ist Dieter Meier einer der ersten Kunstschaffenden, der Ende der 1960er-Jahre mit dem Medium Film zu experimentieren beginnt. Weder bestimmte Handlungsabläufe noch Erzählungen sind darin wiedergegeben (My grandparents, 1972; Portrait H. Lachmayer, 1972). Mehrere Einzelfilmprojektionen offenbaren den Pioniergeist seiner frühen und teilweise kaum bekannten Videoarbeiten. Im Dialog mit seinen Fotoserien wird die Vernetzung dieser Werkgruppen untereinander sichtbar. Viele der frühen Werke Dieter Meiers flossen nicht zuletzt in die berühmten Videoclips des Elektroduos YELLO mit ein, die Musikgeschichte geschrieben haben. Angesichts der künstlerischen Bedeutung der von Dieter Meier geschaffenen Videos ist diesen ein eigener Ausstellungsraum gewidmet.

Jüngere Arbeiten - Fotoserien wie Portraits (ab 2010) sowie Dieter Meiers Manifestationen mit der Stiftung ASSOCIATION DES MAÎTRES DE RIEN (seit 2008) runden die Ausstellung ab und zeigen, wie Dieter Meier seine künstlerischen Anliegen bis in die Gegenwart konsequent weiterverfolgt. Trotz der zahlreichen Ausstellungen, in denen Dieter Meier bisher präsent war, ist sein Schaffen dennoch kaum angemessen gewürdigt worden. Es ist an der Zeit, die Bedeutung dieses Künstlers und dessen Rezeption im Bereich der Bildenden Kunst neu zu definieren und zu verhandeln.

Dieter Meier (*1945 Zürich) macht Ende der 1960er Jahre mit konzeptuellen Performances im öffentlichen Raum auf sich aufmerksam und nimmt 1972 an der documenta 5 in Kassel teil. 1979 gründet er mit Boris Blank die legendäre Elektropopgruppe YELLO, die mit innovativen Sounds und Videoclips bald internationales Renommee erlangt und in die Musikgeschichte eingeht. Heute gehört Dieter Meier zu den herausragenden Schweizer Persönlichkeiten des internationalen Kulturbetriebs. Seit 1967 werden seine Filme an Filmfestivals gezeigt und ab 1970 folgen Kunstausstellungen im In- und Ausland.

Zur Ausstellung erscheint eine begleitende Publikation (Deutsch), die inhaltlich an den Ausstellungstitel anknüpft. Neben einem ausführlichen Essay von Madeleine Schuppli enthält der Katalog ein Interview mit Dieter Meier und Philip Ursprung, Professor für Kunst- und Architekturgeschichte an der ETH Zürich, moderiert von Madeleine Schuppli. Mit zahlreichen Abbildungen der ausgestellten Werke und umfassender Biografie des Künstlers. Verlag für Moderne Kunst Nürnberg, 2013, ca. 140 S. ISBN 978-3-86984-458-9. CHF 48.–

Dieter Meier - In Conversation
7. September bis 17. November 2013