Die Zelebrierung der Empathie

Wenn der weltweit gefeierte Künstler Robert Wilson über seine Videoporträts spricht, dann erzählt er zunächst von seinem Wunsch, ästhetische und geistige Räume zu gestalten. Geprägt von einer intensiven Bild- und Tonsprache haben Wilsons "Darsteller" eine überraschend sinnliche Präsenz. Die poetischen Arbeiten zeigen theatralische Inszenierungen von Hollywoodstars und Persönlichkeiten wie Farah Diba, Robert Downey Jr., Marianne Faithfull, Johnny Depp, Jeanne Moreau und Dita von Teese, aber auch von Tieren und unbekannten Personen.

Wilsons Künstlerverständnis konstruiert sich aus einer Reihe singulärer persönlicher Erfahrungen (Sprachbehinderung), wie auch aus den entscheidenden Impulsen der 1960er Jahre (von Performance bis Minimal Art), die auch in seine legendären Theaterinszenierungen seit den 1970er Jahren einflossen. Seine ersten Videoporträts stammen aus den 1970er Jahren. In seinen jüngsten Porträts nutzt er seit 2004 die technischen Möglichkeiten der High-Definition-Auflösung, die es ihm erlaubt, den Reichtum seiner Bild- und Bühnensprache auszudifferenzieren.

Bewegung, Gestik, Make-up, Kostüm, Kulisse, Lichteinsatz, ebenso wie die Stile der Hoch- und Popkultur, die klassischen wie neuen Medien: Malerei, Design, Musik, Oper, Tanz, Theater, Fotografie, Fernsehen, Film, etc. kommen in Wilsons Videoporträts zusammen. Die dargestellten Persönlichkeiten verweisen dabei teils auf eigene biografische Details, teils auf kulturgeschichtliche Quellen. Robert Downey Jr. stellt beispielsweise den Leichnam von Rembrandts Gemälde "Anatomie des Dr. Nicolaes Tulp" (1632) dar, während Johnny Depp sich als Reinkarnation von Marcel Duchamps Travestie Rrose Sélavy (Fotografie von Man Ray, 1921) inszeniert. Untermalt werden diese Tableaus teilweise mit von Wilson selbst gesprochenen Texten sowie mit Musik bedeutender Komponisten (u.a. Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Raymond Scott, Tom Waits).

In seinen Porträts von unbekannten Menschen und Tieren erreicht Wilsons komplexe Bild- und Tonsprache ihren Höhepunkt als Zelebrierung der Empathie. Wilsons Videoporträts haben also eine wahrnehmungserweiternde Funktion. In der Geschichte der Porträtmalerei und des fotografischen Porträts stellen seine Videoporträts eine Weiterentwicklung dar, die wegweisend ist.

Robert Wilson. Video Portraits
16. Juli bis 16. Oktober 2011