Die Welt um 1914

In Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges zeigt der Martin-Gropius-Bau mit der Ausstellung "Die Welt um 1914 – Farbfotografie vor dem Großen Krieg" bislang fast vergessene Farbfotografien und Filme, die der französische Bankier Albert Kahn (1860 – 1940) vor dem Ersten Weltkrieg in Auftrag gegeben hat. Begeistert vom farbfotografischen Verfahren der Gebrüder Lumière sandte er in einer Zeit, als die Nationen Europas bereits zum Großen Krieg rüsteten, Fotografen in die Welt, um ein einzigartiges Bildarchiv aufzubauen.

In diesem Archiv haben sich über 70.000 Farbbildaufnahmen erhalten. Sie stellen einen immensen ethnografischen Schatz dar und sollten zugleich eine Friedensmission erfüllen: Die Fremde in die Nähe zu holen. Seine Aktivitäten sollten den langst brüchig gewordenen Frieden sichern helfen. Die Ausstellung bringt den Bilderschatz einer längst versunkenen Welt ans Licht.

Für Albert Kahn stand die Kenntnis von Völkern, Bauten, Landschaften und Lebensweisen in direktem Zusammenhang mit der erhofften Friedfertigkeit der Menschen untereinander: Wer sich kennt, respektiert, und von Angesicht zu Angesicht begegnet, muss keinen Krieg führen.

Begeistert vom neuen Autochromverfahren der Brüder Auguste und Louis Lumière beauftragte er 1908/9 Fotografen die Welt zu dokumentieren, um mit deren Farbbildern aus Europa, Asien und Afrika dieses Archiv aufzubauen. Fotografiert wurden lokale Szenerien, Menschen in typischer Kleidung und Monumente der Kulturgeschichte. Aus diesem globalen Bilderschatz wurden für die Ausstellung über 160 Aufnahmen ausgewählt. Den Mittelpunkt bilden die Autochrome aus dem Kahnschen Archiv. Gezeigt werden weiterhin Aufnahmen und Projektionen von Adolf Miethe(1862-1927) und Sergej M. Prokudin-Gorskii (1863–1944).

Adolf Miethe, Erfinder einer panchromatischen Filmbeschichtung und damit Urheber des Dreifarbendrucks, hatte einen bedeutenden Anteil an der Fortentwicklung der Farbfotografie. Seine Vorführung im Kaiserhaus erbrachte den Auftrag zur farbigen Dokumentation deutscher Landschaften für die Weltausstellung in St. Louis. Auch als Sammelbilder in Schokoladentafeln erfreuten sie sich großer Beliebtheit. So entstand auch der erste fotografische Farbbildband Deutschlands – das "Stollwerck-Album".

Das Miethe’sche Verfahren inspirierte zudem den russischen Fotografen Sergei Mikhailovich Prokudin-Gorskii. Seine Arbeiten sind mit etwa 25 Fotoabzügen und 50 projizierten Aufnahmen präsent. Eine besondere Leihgabe kommt aus dem Deutschen Museum in München: der originale Projektor, mit dem Sergei Prokudin-Gorskii dem letzten Zaren Nikolaus II. seine Arbeiten vorgeführt hat. Infolge dieser Präsentation erhielt er 1909 den Auftrag, das Russische Reich in 10.000 Aufnahmen festzuhalten. Zwischen 1909 und 1915 schuf Gorskii mehrere Tausend Fotografien von großer Brillanz. Er dokumentierte die kulturelle Vielfalt des Zarenreiches von der Krim bis Sibirien.


Die Welt um 1914
Farbfotografie vor dem Großen Krieg
Albert Kahn, Sergej M. Prokudin-Gorskii, Adolf Miethe
1. August bis 2. November 2014