Die Unruhe der Form

Seit weltweit oft unvorhergesehen und mit unerschöpflichen Energien neue Protestbewegungen entstehen, stellt sich für diejenigen, die sich auf dem künstlerisch-kulturellen Feld mit diesen solidarisieren möchten, eine Reihe brisanter Fragen: Kann die aktuelle Kunst den Widerstand gegen falsche ökonomische Strukturen befördern, an denen sie entschiedenermaßen selbst teilhat? Oder hat sich hinter den Fassaden ihrer als frei gedachten Räume nicht längst die Liquidierung ihrer eigentlichen Potenziale ereignet: des Schwierigen und Nonkonformen? Muss das Projekt einer politischen Ästhetik jenseits eines medial verwertbaren Aktivismus nicht als abgebrochen und verdrängt gelten?

Es scheint, dass die historische Aporie für heute scharf gemacht werden muss für künstlerische Imaginationen eines politischen Subjekts in neuen Formen und Formaten. Diesen neuen Formen und Formaten widmen sich die Wiener Festwochen in Unruhe der Form. Im Projekt werden sich alle Räume der Secession und benachbarte Ausstellungsflächen in der Akademie der bildenden Künste und im MuseumsQuartier in einen Parcours verwandeln, der zwischen bildender und darstellender Kunst die Agora der Zukunft untersucht.

Während des gesamten Ausstellungsverlaufs wird sich dieser Parcours temporär beleben mit künstlerischen Interventionen, Lectures, Konzerten und Performances sowie mit zehn politischen Reden von österreichischen Autoren, die sich mit einer fiktiven Identität – einem Sprachexperiment – zur politischen Lageage der Gegenwart oder der Zukunft verhalten, das ansprechen, was im öffentlichen Diskurs fehlt oder stört, und versuchsweise auf den blinden Fleck der Politik schauen. Die circa 15-minütigen Reden in der Secession und im freiraum quartier21 von den AutorInnen und/oder PerformerInnen gehalten und an bestimmten Tagen wiederholt.

Im freiraum quartier21 im MuseumsQuartier werden nicht nur Dauerinstallationen einzelner Künstler, sondern auch im Rahmen des Ausstellungsparcours temporäre Performances u.a. vom englischen Künstler Tim Etchells, vom libanesischen Künstler Rabih Mroué und von der belgischen Gruppe Ontroerend Goed zu sehen sein. Das zehnköpfige türkische Künstlerkollektiv Gruppe P um Antonio Cosentino, Burak Delier, Elmas Deniz, Ãnci Furni, Mustafa Erdem Ozler u.a. wird den Freiraum für eine residency und als Ausgangsbasis für künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum des gesamten MuseumsQuartiers nutzen.

KünstlerInnen: Thomas Arzt, Volkan Aslan, Tarek Atoui, Neïl Beloufa, Luo Bing, Brad Butler, Banu Cennetoğlu, Keti Chukhrov, Antonio Cosentino, Tim Crouch, Burak Delier, Elmas Deniz, Carola Dertnig, J. C. Duenkel, Jimmie Durham, Barbara Ehnes, Gustav Ernst, Tim Etchells, Süreyyya Evren, Antonio Fian, Franzobel, İnci Furni, Dora García, Thomas Glavinic, Dmitri Gutov, Wang Haian, Wen Hui, Hannah Hurtzig, Elfriede Jelinek, Anna Jermolaewa, Schorsch Kamerun, Hassan Khan, Julius Koller, Chris Kondek, KwieKulik, Mapa Teatro, Zhang Mengqi, Karen Mirza, Rabih Mroué, Jia Nannan, Marina Naprushkina, Henrik Olesen, Boris Ondreička, Ontroerend Goed, Yasemin Özcan, Mustafa Erdem Özler, İz Öztat, Ewald Palmetshofer, Judith Nika Pfeifer, Shu Qiao, Nuno Ramos, Milo Rau, Navin Rawanchaikul, Ad Reinhardt, David Riff, Kathrin Röggla, Pedro Romero, Ferdinand Schmatz, Franz Schuh, Tino Sehgal, Akira Takayama, Vladimir Tatlin, Miguel Ventura, Tris Vonna-Michell, Jeronimo Voss, Wu Wenguang, Tanja Widmann, Dilek Winchester, Li Xinmin, Zou Xueping u.a.

Unruhe der Form
Entwürfe des politischen Subjekts
11. Mai bis 16. Juni 2013