Die Tage werden wieder länger, die Filme vielleicht kürzer? - Kurzfilm-Special
Mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember werden die Tage wieder länger. Das ist aber kein Grund, sich auch ausschließlich auf lange Filme zu konzentrieren. Die Kinos bleiben noch einige Zeit geschlossen und auch bleibt in der besinnlichen Zeit meist wenig Zeit für Besinnlichkeit. Wer zwischen den Jahren, nach den Festessen und vor den Neujahrsspaziergängen doch ein paar Minuten übrig hat, findet in diesem Artikel einige Schmankerl des Kurzfilmformates.
Die Wiege des Kinos
Vor ziemlich genau 125 Jahren, am 28. Dezember 1895 veranstalten die Gebrüder Lumière, Söhne eines Fotoindustriellen, im Pariser Grand Café die erste öffentliche Filmvorführung. Die Brüder zeigten dokumentarische Szenen: Arbeiter, welche die elterlichen Fabrik verlassen, ein Sonntag mit der Familie, ein in den Bahnhof einfahrender Zug.
Die ersten Filme der Gebrüder Lumière, 7 Minuten:
Seitdem hat sich vieles in Technik und künstlerischem Ausdruck weiter entwickelt, waren die ersten Bewegtbilder doch dokumentarischer Natur. Bis ins Jahr 1915 waren im Grunde alle Filme "Kurzfilme", da sie jeweils aus einem Akt, also aus einer jeweils einzigen Filmrolle bestanden.
Der Film "One Week" von Buster Keaton von 1920 besteht aus bereits aus 2 Akten, die Musik wurde noch im Kino live eingespielt. Keatons Inspiration war ein Werbefilm für Fertig-Teil-Häuser der Ford Motor Company, welchen er mit Slapstick und halsbrecherischen Stunts parodiert.
Buster Keaton baut ein Fertigteil-Haus in „One Week“, 25 Minuten:
In der Kürze liegt die Würze
Wie bei einem Langfilm finden sich auch in der kurzen Gattung alle Genres wieder. Zudem lassen sich Erzählstrategien ausprobieren, die für eine längere Geschichte vielleicht nicht so gut funktionieren könnten. So wurde etwa der rein visuell arbeitende "Split Screen: A Love Story" komplett auf einem Nokia N8 gedreht.
"Splitscreen: A Love Story": Eine Liebesgeschichte ohne Dialog in unter 3 Minuten:
https://vimeo.com/channels/thedecade/25451551
Aber ab wann gilt denn ein Film eigentlich als "kurz"? Dafür gibt es keine allgemeingültige Definition. Alles, was nicht "abendfüllend" ist, gilt eben als Kurzfilm. So vergibt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences den Oscar für den besten Kurzfilm an Filme mit einer Laufzeit von weniger als 40 Minuten.
Der Oscar-nominierte Kurzfilm "Fauve" erzeugt durch starkes Sounddesign die flirrende Stimmung eines Sommernachmittags, 16 Minuten:
In der Kürze liegt die Übung
Die kurze Form benötigt wenige zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen zur Durchführung und eignet sich daher hervorragend zur Übung für angehende Filmschaffende. Daher sind werden die meisten Kurzfilme, die vornehmlich auch nur auf spezifischen Kurzfilmfestivals gezeigt werden, von Studierenden gemacht.
Die kurze Animation "Catherine" von Britt Raes ist ein solcher erster Versuch eines professionellen Filmschaffens. Der Film wurde nicht nur beim Kurzfilmfestivals Alpinale in Bludenz, dem regionalen Nahversorger in Sachen Kurzfilm, mit einem Preis ausgezeichnet, sondern gewann auf über 50 anderen internationalen Filmfestivals.
Preisträchtiger Animation mit viel dunklem Humor: "Catherine" von Britt Raes, 12 Minuten:
In der Kürze liegt die Meisterschaft
Ein so entstandener Kurzfilm von der Filmhochschule dient dann oft als Visitenkarte und Arbeitsprobe, bevor eine Produktionsfirma bereit ist, einem jungen, unerfahrenen Team eine größere Geldsumme für einen Langfilm anzuvertrauen. In vielen kurzen Erstlingen von bekannten Filmemacherinnen lassen sich Stil und Erzählhaltung ihrer späteren Meisterwerke erkennen.
So ist bereits im frühen Kurzfilm "Wasp" von Andrea Arnold bereits eine Destillat ihrer sozial-realistischer Filmpoesie. Viele Stimmungen und Motife dieses Frühwerkes greift die Britin später in Langfilmen wie "Fish Tank" und "American Honey" wieder auf.
Oscar-Gewinner aus dem Jahr 2005: „Wasp“ von Andrea Arnold, 26 Minuten: