Die Moderne der Rosa Schapire

Die Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe zeigt etwa 130 Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Schmuck, Künstlerpostkarten, Künstlerzeitschriften, Fotografien und persönliche Korrespondenz, um das Lebenswerk der Hamburger Kunsthistorikerin Rosa Schapires zu würdigen. Zum ersten Mal widmet sich eine Ausstellung dem Ziel, den Charakter ihrer progressiven Sammlung zu veranschaulichen.

Bedeutende Werke der Sammlung Schapire (Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Franz Radziwill, Karl Kluth, Willem Grimm, Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein, Richard Haizmann und Emil Nolde) werden wieder zusammen geführt und um weitere Arbeiten der von ihr geförderten Künstler ergänzt. Neben Leihgaben aus öffentlichen und privaten Sammlungen werden Werke aus dem Bestand des MKG, der Tate Modern und dem Tel Aviv Museum of Art gezeigt. Die Begleitpublikation wird von deutschen und englischen Wissenschaftlern erarbeitet (ca. 300 Seiten, ca. 80 durchgehend farbige Abb.).

Rosa Schapire zählte zu den frühesten Förderern der Brücke. Sie machte es sich zur Lebensaufgabe, für die Anerkennung der Avantgarde, insbesondere des Expressionismus, in Deutschland zu kämpfen. Mit Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel verband sie eine enge Freundschaft, aber auch Franz Radziwill und Hamburger Sezessionisten wie Karl Kluth und Willem Grimm profitierten von ihrem großen Engagement. Sie dankten es ihr mit zahlreichen Porträts und Künstlerpostkarten.

Schmidt-Rottluff porträtierte Schapire mehrfach, entwarf für sie Schmuck und schuf für ihre Wohnung in der Osterbekstraße 43 eine Reihe von Möbelstücken, die jedoch im Krieg zerstört wurden. Auch personalisiertes Briefpapier von Karl Schmidt-Rottluff verdeutlicht eine enge Bindung. Schapire vermittelte Ausstellungen in namhaften Galerien, hielt Vorträge und publizierte zahlreiche Kritiken und Artikel. Zudem förderte sie Ankäufe expressionistischer Werke durch große Museen, indem sie den Frauenbund zur Förderung deutscher bildender Kunst gründete.

Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft wurde ihr Einsatz für die als "entartet" geltende Kunst im Nationalsozialismus zusätzlich erschwert. Nach 1933 konnte die aus einer jüdischen Familie stammende Schapire nur noch unter Pseudonym publizieren. Einige Sammlungen durfte sie nicht einmal mehr betreten. 1939 emigrierte Schapire nach London, wo sie sich noch als 65-jährige aktiv für die Anerkennung der deutschen Avantgarde einsetzte. Mit wenigen Ausnahmen wie den Werken Schmidt-Rottluffs musste sie einen großen Teil ihrer umfassenden Sammlung in Hamburg zurücklassen.

In der Emigration setzte sie sich weiter für die deutschen Expressionisten ein und eröffnete in Leicester 1953 die erste Schmidt-Rottluff-Ausstellung auf englischem Boden. Bis zu ihrem Tod 1954 kehrte Schapire nicht mehr nach Deutschland zurück. Ihre eigene Sammlung umfasste eine beachtliche Anzahl an Arbeiten deutscher Avantgardekunst, insbesondere expressionistische Grafiken. Aus Dankbarkeit gegenüber der neuen Heimat vermachte sie zahlreiche Werke englischen Museen wie der heutigen Tate Modern, dem Victoria & Albert Museum oder der New Walk Art Gallery in Leicester. Teile ihrer Sammlung befinden sich auch in einigen deutschen Kunsthallen, in Amsterdam und in Tel Aviv.


Die Moderne der Rosa Schapire
28. August bis 15. November 2009