Paul Rotterdam, geboren 1939 in Wiener Neustadt, lebt seit 1987 in North Blenheim, New York. Das Leopold Museum in Wien konzentriert sich in einer Personale von 15. Juni bis 1. Oktober 2007 auf das zeichnerische Werk Paul Rotterdams. Rotterdam erarbeitet in seinem Werk aus der Abstraktion eine neue Art der Gegenständlichkeit. Landschaft und Natur, Licht und Witterung seiner Wahlheimat North Blenheim prägen das Oeuvre das Künstlers.
Paul Rotterdam hat in den 45 Jahren seines künstlerischen Arbeitens neben seiner Malerei ein kontinuierliches, zeichnerisches Ouevre geschaffen, welches drei wesentliche Phasen umfasst: Die sechziger Jahre mit den klein- bis mittelformatigen Arbeiten, die einen stark gestisch-abstrakten Charakter besitzen, den bereits in den USA in den siebziger bis Mitte der achtziger Jahren entstandenen mittelformatigen Zeichnungen, die einen stark medidativ-geometrisierenden Grundzug mit einer nachdrücklichen Tendenz zur "aus-gezeichneten" Fläche aufweisen sowie den meist großformatigen Werken seit Mitte der achtziger Jahre, die spätestens seit der Übersiedelung von New York nach North Blenheim 1987 nachdrücklich das Thema Natur aufgreifen und reflektieren. Wie in keiner anderen Phase seines Schaffens sind die Zeichnungen seit den siebziger Jahren bis in die späten achtziger Jahre immer wieder auch echohafte Paralleldiskurse zur Malerei; sie sind gewissermaßen deren eigenständige Erweiterung, eine graphisch-intellektuelle Passion. Ihre geometrisierend-abstrakten Grundtendenzen thematisieren in eigenwilliger Weise in kompositorischer Hinsicht das Verhältnis von hell und dunkel, wobei die weiße Fläche des Papiers selbst dafür konstitutiv ist. Die Komposition basiert in ihrer dualen Rhythmisierung auf dem Spannungsfeld von (schwarzer) Bildfläche und sowohl vertikaler als auch horizontaler Liniengeometrie mit fast archaischer Vitalität. Die große Zäsur seines zeichnerischen Selbstverständnisses in den späten achtziger Jahren steht in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Umzug nach North Blenheim, der als eine Folge des Suchens nach einem künstlerischen Neubeginns gesehen werden muß. Rotterdam, der seit den neunziger Jahren zur "New York School" gezählt wird und auch an deren großen Ausstellungstournee in Japan teilnimmt, beginnt eine neue bildnerische Reflexion über Abstraktion, die von einer grundlegenden Inversion geprägt ist. Nicht mehr die Frage nach einer Abstraktion aus der Wirklichkeit, der Gegenständlichkeit heraus ist maßgeblich, sondern wie aus der Abstraktion eine neue Form einer Gegenständlichkeit erarbeitet werden kann. Es gilt also, bildnerisch der Frage nachzugehen, wie eine gegenständliche Realität jenseits eines Naturalismus, Realismus oder traditionellen Abstraktion zu einer neuen Darstellungsdimension erweitert werden kann. Zwangsläufig resultiert daraus auch ein neuer zeichnerischer Gestus, der nunmehr durch kürzere, intensive Striche gekennzeichnet ist, die in vielfältiger Weise den Weg von einer Abstraktion zur Naturerfassung gehen, ohne dass sie in einen Naturalismus münden. Das Geometrisierende wird zugunsten eines Organischen zurückgenommen, es findet eine weitere Radikalisierung von Sujet und Bildraum statt, die zeichnerischen Nuancierungen sind von einer diffizilen erzählerischen Poesie. In subtiler Balance entfaltet Rotterdam ein zeichnerisches Oeuvre, das eine stark poetische, ja manchmal sogar romantische Haltung impliziert (nicht zufällig werden, vor allem in seinen druckgraphischen Arbeiten, immer wieder literarische Themen aufgegriffen – Rilke, Shakespeare - und Textpassagen in das Zeichnerische einbezogen).
Katalog: Im Prestel Verlag ist ein Katalog zur Ausstellung erschienen, 2. Auflage mit einem Vorwort von Carl Aigner und Rudolf Leopold. Carl Aigner (Hg.), Paul Zwietnig-Rotterdam, Werkliste, Malerei Skulptur Projekte 1953-2004, 255 Seiten, Preis EUR 29,90 Paul Rotterdam: Die Kunst der Linie - Zeichnungen 15. Juni bis 5. November 2007