"Die Geister, die ich rief" - Geisterfilme

Ein Subgenre des Horrorfilms ist der Geisterfilm. Die Spielarten reichen dabei vom spukenden Haus über von bösen Mächten besessene Menschen bis zur nur angedeuteten Geisterwelt im Arthouse-Film. Das Zürcher Kino Xenix bietet derzeit mit einer Filmreihe Einblick in die Welt des Geisterfilms.

Geisterhaft ist die Welt des Films schon an sich, sollen doch Bilder den Eindruck von Realität erzeugen und den Zuschauer im dunklen Kinosaal in eine Welt eintauchen und in ihr versinken lassen, die im Grunde reine Illusion ist.

Verdoppelt wird diese Illusion noch, wenn es im Film selbst noch um Geister geht. Ein Klassiker ist hier das spukende Haus, das sich literarisch schon beim römischen Schriftsteller Plinius dem Jüngeren findet. Quer durch die Filmgeschichte finden sich Filme über Häuser, in denen ein Geist sein Unwesen treibt, meist weil an diesem Ort ein grässliches Verbrechen begangen wurde. Klassiker sind hier Robert Wises "The Haunted – Bis das Blut gefriert" (1963), James Wans "Conjuring – Die Heimsuchung" (2013) und Stanley Kubricks "The Shining" (1980). Im besten Falle verschwimmen dabei immer die Grenzen zwischen Präsenz der Geister und deren Imagination durch psychisch angeschlagene oder sogar wahnsinnige Protagonisten.

Nicht nur diese Geister können von den Menschen Besitz ergreifen, manchmal scheint auch der Teufel höchstpersönlich dahinterzustecken. Einen der großen Kassenerfolge der 1970er Jahre und einen Schocker par Excellence entwickelte William Friedkin aus dieser Ausgangssituation 1973 mit "The Exorcist" (1973). Friedkin erzählt darin nach dem gleichnamigen Roman von William Peter Blatty von einem Mädchen, das von einem Dämon besessen ist, der mit rationalen Mitteln nicht bekämpft werden kann.

Gesteigert werden kann die Angst des Zuschauers, wenn man wie in "The Blair Witch Project" (1999) die Filmhandlung als nicht inszeniert, sondern dokumentarische Aufzeichnung realer Ereignisse darstellt. Subjektive Kamera ist folglich auch ein typisches Inszenierungsmittel dieser Filme – wie des Horrorfilms insgesamt –, um den Zuschauer direkt in die Perspektive des bedrohten und sich ängstigenden Protagonisten zu versetzen.

In Akira Kurosawas "Rashomon" (1950) wird dagegen der Geist eines Toten herbeigerufen, um in einem Prozess seine Sicht der Vergewaltigung seiner Frau und seines Todes darzulegen. In möglichst multiperspektivischer Darstellung will Kurosawa so die Schwierigkeit vermitteln Wahrheit zu finden. Andererseits erzählen der Mexikaner Alejandro Gonzalez Iñárritu in "Birdman" (2014) und Federico Fellini in seinem autobiographischen "Otto e mezzo" (1963), wie sich ein Schauspieler bzw. ein Filmregisseur, die sich in einer persönlichen und künstlerischen Krise befinden, immer mehr in ihren Rollen und ihrer Filmwelt verlieren, Kunst und Realität verschwimmen.

Wie dies auch ein Mädchen an der Schwelle zum Erwachsenenalter, das zudem in seiner kulturellen Identität zerrissen ist, betreffen kann, zeigt Andrea Staka in "Cure – Das Leben einer anderen" (2014). Staka lässt darin die 14-jährige Linda, die nach dem Ende des Balkankriegs mit ihrem Vater aus der Schweiz nach Kroatien zurückkehrt, zunehmend in die Rolle ihrer Freundin, die bei einem Unfall ums Leben kommt, schlüpfen.

Selten kommen zwar im westlichen Arthouse-Kino echte Geister vor, doch geisterhaft ist die Welt darin dennoch oft. Das gilt vor allem für die Filme von Christian Petzold, der sich schon bei seinem Terrorismusfilm "Die innere Sicherheit" (2000) auf Kathrin Bigelows Vampirfilm "Near Dark" (1987) bezog. Führt in "Die innere Sicherheit" (2000) eine Familie ein geisterhaftes, für die Öffentlichkeit unsichtbares Leben im Untergrund, so lässt Petzold in "Yella" (2007) scheinbar eine Tote ins Leben zurückkehren.
Schon im Titel wird auf das Geisterhafte in "Gespenster" (2005) hingewiesen, in dem eine Frau in einem Teenager ihre Tochter zu erkennen glaubt, die vor 14 Jahren entführt wurde.

Geisterhaft ist auch die Mode- und High-Society-Welt in Olivier Assayas´ "Personal Shopper" (2016), in dem nicht nur eine junge, von Kristen Stewart gespielte Frau Kontakt zu ihrem verstorbenen Zwillingsbruder sucht, sondern Assayas auch mit Szenen über die angeblich von Geistern inspirierte Malerin Hilma af Klint die Frage nach der Existenz von Geistern aufwirft.

Einen ganz anderen Umgang mit Geistern pflegt dagegen der Thailänder Apichatpong Weerasethakul, in dessen "Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives" (2010) und "Cemetery of Splendours" (2015) ganz selbstverständlich Geister von Toten sich unter die Lebenden mischen und beide nicht voneinander unterscheidbar sind. – Im Gegensatz zum westlichen Kino verbreiten sie hier aber keinen Schrecken, sondern haben etwas Beruhigendes und Versöhnliches an sich.