Die entfesselte Antike

Der Hamburger Bankierssohn Aby Warburg (1866-1929) zählt zu den bekanntesten deutschsprachigen Kunstwissenschaftlern des 20. Jahrhunderts. Seine Studien zur Antikenrezeption in der Renaissance, durch die er Weltruhm erwarb, haben an Aktualität und Erkenntniswert nicht eingebüßt und üben nach wie vor eine faszinierende Anziehungskraft auf die Forschung aus.

Warburg hielt am 5. Oktober 1905 auf der 48. Versammlung Deutscher Philologen und Schulmänner in Hamburg einen Vortrag über Albrecht Dürer und die italienische Antike. Im Zentrum seiner Ausführung stand Dürers "Tod des Orpheus" von 1494. In dieser Zeichnung hatte Warburg verschiedene antike Vorbilder entdeckt und stellte deshalb die These auf, dass sich die Künstler der Frührenaissance in Italien und Deutschland aus dem Formenrepertoire der Antike bedienten. Mit diesen sogenannten "Pathosformeln" ging Aby Warburg in die Kunstgeschichte ein.

Für seinen Vortrag griff er neben der Orpheus-Zeichnung von Dürer auch auf druckgraphische Blätter des Künstlers sowie auf Kupferstiche von Andrea Mantegna zurück. Alle diese Werke waren während des Hamburger Kongresses in einer eigenen Sonderschau zu sehen. "Die entfesselte Antike" ist die erstmalige Rekonstruktion dieser legendären Ausstellung aus dem Jahre 1905. Die Schau ist vom 2. März bis zum 28. Mai 2012 im Graphischen Kabinett des Wallraf zu sehen. Das Kölner Haus zeigt sie in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle.

Aby Warburg und die Geburt der Pathosformel
Legendäre Schau zu Dürers "Tod des Orpheus" im Wallraf
2. März bis 28. Mai 2012 (Graphisches Kabinett)