Die Darreichungsformen einer Ur-Speise

Seit seiner Wiedereröffnung im Frühjahr 2013 beschreitet das Frankfurter Museum Angewandte Kunst neue Wege im Umgang mit den Museumssammlungen und in der Darstellung des Vorhandenen. Seit dem 19. November 13 wird mit dem Format "Depotschau" nun eine weitere originäre Präsentationskategorie eingeführt. In Anlehnung an das Prinzip eines Schaudepots werden hier Einblicke in die Sammlungsbestände des Museums in ihrer ganzen Fülle und Vielfalt gewährt und auch Stücke gezeigt, die bisher noch nie zu sehen waren. Gleichzeitig, und über ein reines Schaudepot hinaus, wird eine thematische Auswahl getroffen, eine Konstellation von Objekten gezielt konzipiert und dem Besucher präsentiert.

Die Depotschau wird von nun ab in wechselnden Fragestellungen immer wieder neue Perspektiven auf die Sammlungen des Museums erlauben. Zum Auftakt wendet sich die Präsentation dem Themenkreis "Essen und Trinken" zu und betrachtet unter dem Titel "Suppe" zuerst die Darreichungsformen einer Ur-Speise, deren Erfindung mit der Nutzung des Feuers und eines entsprechenden Behältnisses zusammenhängt. Die Suppe gehört zu den elementaren Speisen, die von einem einfachen Alltagsessen zum Entrée eines höfischen Festmahles avancierte und auch heute wieder in Mode ist.

Das besondere Augenmerk des Museums Angewandte Kunst gilt der gestalterischen Auseinandersetzung mit dem Gefäß, im dem die Suppe gereicht wird. Rund 150 Suppengefäße aus allen Sammlungsgebieten des Museums, aus unterschiedlichen Zeiten, Kontexten und Materialien, zeigen ein nahezu unerschöpfliches Vokabular an Formen. Von der einfachen Schale über die Prunkterrine bis zum modernen Kochtopf sind in den Sammlungen des Museums vor allem Werke greifbar, die für die außergewöhnlichen Momente des Lebens bestimmt und entsprechend gewählt in Ausdruck und Material gestaltet sind.

Zu entdecken gibt es Deckelschüsseln, Terrinen, Suppenteller, Schalen oder Suppentassen; mehrstöckig angeordnet, mit Kugel-, Voluten- oder Tierfüßen, mit Ohrengriffen, Maskarons oder plastischen Blumen; goldgefasst, bunt staffiert, façonniert; von opulent oder tierisch, bunt oder monochrom bis schlicht und klar. Ihre Dekoration und Formgebung kann in allen Details als Spiegel kultureller Zusammenhänge und deren Wandel gelesen werden. Aus dem asiatischen Raum zeigen 2000 Jahre alte Grabfunde und Beispiele aus China, Korea und Japan die weit zurückreichende Kultivierung in der Darreichung von Speisen, zu denen Suppen zentral zu zählen sind. Die Formen der Gefäße belegen deren Multifunktionalität, die für den asiatischen Kulturraum bis heute charakteristisch ist.

Im europäischen Bereich bildet zeitlich gesehen den Anfang die Renaissance, die als Umbruchzeit gelesen wird. Dies drückt sich auch im Wandel der Essgewohnheiten aus, die bis dahin einfach und ziemlich gleichförmig waren. Beigetragen hat dazu die Erweiterung der Kommunikation durch die revolutionäre Erfindung des Buchdrucks, die die Verbreitung von Sitten und Gebräuchen, z. B. durch Kochbücher, anschob. Höhepunkte bietet die Epoche des Barock. Tonangebend in Europa war die Tafelkultur am Hofe Ludwigs XIV., in der gerade auch der Kult um die Suppe eine führende Rolle spielte. Beeindruckende Höhenflüge in den Formerfindungen leiten über zum Zeitalter der Verbürgerlichung und Demokratisierung bis in unsere mehr oder weniger funktionale Gegenwart.

Essen und Trinken: Suppe
19. November 2013 bis 1. Juni 2014