Die Angewandte Wien zu Besuch in Hard

Inzwischen gehört es zur Tradition der Galerie.Z in Hard, Studierende der Universität für angewandte Kunst in Wien einzuladen, um die Sommerausstellung zu gestalten. Was als Experiment startete, erfährt aufgrund der positiven Resonanzen aller Involvierten nunmehr jedes Jahr eine Neuauflage. So ist die Gruppenausstellung zum Fixpunkt im Programm der Galerie avanciert. Heuer zeigen 14 Kunstschaffende ihre Werke unter dem Titel "Etwas mit Geste".

Bei den jungen Talenten, die hier bereits eine Kostprobe Ihres Könnens abgeben durften, genießt sie aber jedenfalls den Ruf eines wertschätzenden Umfeldes abseits des Großstadtgetöses. Für Emi R. Denk, die seit Beginn als umsichtige wiewohl anspruchsvolle Kuratorin fungiert, ist eine solche Erfahrung sehr wertvoll. Als profunde Kennerin des Kunstbetriebes sieht sie es als wesentlichen Bestandteil der Ausbildung an, Fähigkeiten jenseits des einschlägigen Unterrichtskanons zu vermitteln und in der Praxis umzusetzen. Denn einige, die an einer Gruppenausstellung der vergangenen Jahre teilgenommen haben, taten und tun dies zum wiederholten Mal. Eine von ihnen ist Kamilla Bischof, die schon für die Ausstellung mit dem Titel "Auf dem Tisch" vor zwei Jahren Beiträge geliefert hat. In ihrer Arbeit widmet sie sich dem Spannungsverhältnis zwischen Kitschigem, Dramatischem, Plakativem, Symbolischen, Banalem und Alltäglichem. Ihre Kollegin Ilka Guba aus Ungarn bedient sich für die Ausführung der Geste ihres Mundes, dessen Inhalt sie aufs Papier schleudert. Das Gemisch aus Kohletabletten, die üblicherweise als Gegenmittel bei einer Durchfallerkrankung eingenommen werden, und Wasser ergießt sich auf dem Papier. Das Ergebnis nennt sie " Gluttony", was mit Völlerei übersetzt werden kann. Eine Welt, die dem Überfluss auf vielfältigste Weise ausgesetzt ist, erwehrt sich bzw. entleert sich nach Ilka Guba zwangsläufig mit einer solch drastischen Reaktion. Stephanie Kaiser hingegen stützt sich in wahrsten Sinne des Wortes gänzlich auf ihre Hände, wenn sie zeichnet, zeichnet und schmiert und zeichnet. Wie sich der Begriff der einzelnen Linie als singuläre Geste definieren lässt und wie sie sich als Teil einer Strichlierung verhält, dieser Frage geht Peter Hoiss in seiner Serie nach. Ob sie sich erst dann im Paradies wähnt, wenn sie gebogen, gekrümmt oder auf eine andere Art geformt ist, versucht er mit "neo paradise" zu ergründen. Hessam Samavatian spürt Ähnlichem nach und verdichtet Punkte zu Linien, die in eine Zeichnung als Abbild einer Geschichte münden. Simone Hintermayer-Scholz wiederum thematisiert das Bewusstwerden der Einzigartigkeit vor dem Hintergrund der Abgrenzung zwischen Unikat und Kopie, wobei sie hier vor allem die vermeintlich sicheren Lebensmodelle den individuellen Entwürfen gegenüber stellt. Während das Motiv eines Baumes Kyunghan Kim und Florian Raditsch in der Auswahl eint, trennt sie deren Annäherung. Ersterer konzentriert sich nämlich auf einen Traubenbaum im Wandel der Jahreszeiten, indem er diesen Prozess zeichnerisch zum Ausdruck bringt. Bei Zweiterem rückt die Eiche ins Zentrum der Betrachtung, die er in seiner in Kalifornien verbrachten Kindheit als mit hoher Symbolkraft aufgeladenen Topos erlebt hat. Das Vorbild des in der Ausstellung zu sehenden und von dieser mystischen Bewandtnis befreiten Baumes steht im Wiener Wald. So umfassend wie die Wahrnehmung und Interpretation von Gesten, so unterschiedlich übersetzen die Studierenden der Angewandten den Terminus in ihre Bildsprache. Dora Kuthy etwa hat sich für eine leichte und spontane zeichnerische Geste entschieden. Jasmin Rehrmbacher verlässt sich auf ihre eigene Ordnung, um sich selbst darüber klar zu werden, wie sie sieht und was sie sieht. Stark an der Beobachtung anderer zeichnender Personen orientiert sich Enar de Dios Rodríguez, wobei dies auf automatische Weise geschieht. Damit verschränken sich die beiden Ebenen, woraus eine artistische Beziehung generiert wird. Intuitiv angelegt sind die reduzierten Tuschezeichnungen von Nana Thurner, die um den Vorgang des Zeichnens selbst kreisen. Striche mäandern zu Formen, prägen sich zu Knoten aus, lenken den Prozess des Entstehens. Das Medium der Fotografie lassen Olena Newkryta und Hannah Todt in ihre Werke einfließen. Der Bogen von "Etwas mit Geste" ist also weit gespannt und ermöglicht reichlich Freiraum für überraschende, ungewohnte, erstaunliche sowie neue Positionen.
Etwas mit Geste 14. Juni bis 13. Juli 2013