Der Schrecken im Kopf der Zuschauer

Zwischen 1942 und 1946 produzierte der 1904 in der Ukraine geborene Val Lewton für das RKO-Studio neun Horrorfilme, die dem Genre nach den Klassikern der frühen 30er Jahre zu einem zweiten Höhepunkt verhalfen. Schrecken verbreiten diese teilweise Kultstatus genießenden Filme nicht durch Schockmomente, sondern durch subtile Andeutung des Grauens und atmosphärische Dichte. Das Österreichische Filmmuseum widmet Lewton ab 13. März eine Retrospektive.

1904 im ukrainischen Jalta als Vladimir Ivan Leventon geboren übersiedelte Val Lewtons Familie schon 1905 nach Berlin und 1909 wanderte er als Fünfjähriger mit seiner Schwester und seiner Mutter in die USA aus. Nach einer Kindheit und Jugend in New York City studierte er Journalismus an der Columbia Universität und begann Pulp-Geschichten, Gedichte und Reportagen zu schreiben, wobei er teilweise Pseudonyme verwendete, damit nicht auffiel, dass ein einzelner Mann soviel Material lieferte.

Über seine Mutter, die als Story-Editor beim Film tätig war, kam Lewton in den 1920er Jahren zu seinen ersten Tätigkeiten für das Filmgeschäft. Anfang der 30er Jahre wurde er Journalist bei MGM und Assistent von David O. Selznick, ehe er 1942 zum RKO-Studio ging, bei dem er Leiter der Abteilung für billige Horrorfilme wurde. Inhaltlich hatte er völlige Freiheit, einzig die Titel wurden vorgegeben. Auflagen waren auch, dass das Budget pro Film 175.000 $ und die Länge 75 Minuten nicht überschreiten durften.

Dieser Zwang zur Sparsamkeit führte dazu, dass der Horror mehr angedeutet als gezeigt wurde und sich das Grauen in der Fantasie des Zuschauers entwickeln musste. War Lewton auch als Produzent die treibende Kraft bei diesen Filmen, so darf dennoch keinesfalls die Leistung der Regisseure unterschätzt werden. Jacques Tourneur schuf mit "Cat People" (1942) und "I Walked With a Zombie" (1943) gleich zu Beginn der Serie zwei Filme, die längst Kultstatus genießen. Mit ausgeklügelten Licht-Schattenspielen, die einerseits vom deutschen expressionistischen Film beeinflusst sind, andererseits schon auf den Film noir vorverweisen evozierte Tourneur eine unheimliche Atmosphäre, die den Zuschauer auch heute noch in den Bann schlägt.

Das Mysteriöse, das die junge aus Serbien stammende und in New York lebende Modezeichnerin in "Cat People" umgibt und mit dem eine Krankenschwester auf einem karibischen Inselparadies in Form von Voodoo-Zauber in "I Walked With a Zombie" konfrontiert wird, lässt sich dabei durchaus als Folge von Lewtons bewegter frühester Kindheit und osteuropäischer Herkunft lesen. Gleichzeitig kann man in der Düsternis dieser Filme aber auch einen Reflex auf die gesellschaftliche Stimmung der mitten im Zweiten Weltkrieg stehenden USA sehen.

Ein zweiter Regisseur, der unter Lewton seine Karriere startete, war der ehemalige Cutter Robert Wise. Nach "The Curse of the Cat People" (1944), der sich ganz auf die Fantasie eines Kindes konzentrierte, drehte Wise mit "The Body Snatcher" (1945) eine Kostümproduktion, die sich ebenso wie Mark Robsons "Bedlam" (1946) durch die Beschwörung der historischen Epoche und eine hervorragende schauspielerische Leistung von Boris Karloff auszeichnet.

Von den gängigen B-Movies der Zeit heben sich die Produktionen Lewtons aber nicht nur durch die Inszenierung und die visuelle Gestaltung ab, sondern auch durch ihren Anspruch. Als Vorlage dienten ihm wiederholt literarische Vorlagen wie für "Mademoiselle Fifi" (1944) Guy de Maupassants gleichnamige Geschichte und für "The Body Snatcher" Robert Louis Stevensons gleichnamige Kurzgeschichte. Auch von der Bildenden Kunst ließ er sich inspirieren: "Isle of the Dead" ist ebenso von Arnold Böcklin Gemäldezyklus "Die Toteninsel" beeinflusst wie "Bedlam" von Bildern William Hogarth. Und auch Zitate von Sigmund Freud, Hippokrates und Shakespeare ließ Lewton in seine Horrorfilme einfließen.

Nach "Bedlam" wechselte Lewton zu MGM, dann zu Universal, drehte zwischen 1947 und 1950 mit "My Own True Love" (1949) und "Please Believe Me" (1950) auch selbst zwei A-Filme und mit dem Western "Apache Drums" (1951) noch ein B-Movie, ehe er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte und am 14.3.1951 nach mehreren Herzinfarkten starb.

Quellen:
Österreichisches Filmmuseum
Wikipedia - Val Lewton