8. Dezember 2012 - 2:14 / Bühne / Musiktheater 

Eine wahre Opernrarität feierte am 1. Dezember 2012 um 19 Uhr in Stuttgart Premiere: "Der Schaum der Tage" des 1929 in Sibirien geborenen Komponisten Edison Denisov. Sein musiktheatralisches Hauptwerk lädt zu einem bewegenden Grenzgang zwischen Neuer Musik, Oper, Jazz und Musical ein. Seit der Uraufführung 1986 an der Pariser Oper wurde dieses Lyrische Drama bisher nur wenige Male inszeniert.

Nun bringen Jossi Wieler und Sergio Morabito, die kürzlich zum "Regieteam des Jahres" gewählt wurden, gemeinsam mit Generalmusikdirektor Sylvain Cambreling ihre Interpretation des Werks in einer Neuproduktion auf die Stuttgarter Opernbühne. Das Bühnenbild entwirft Jens Kilian, die Kostüme Anja Rabes. Ebenso wird Videokünstler Chris Kondek die Produktion mitgestalten. Neben Staatsorchester, Staatsopernchor und dem Kinderchor sind in den Hauptpartien der britische Tenor Ed Lyon (Colin) sowie die Ensemblemitglieder Rebecca von Lipinski (als dessen Geliebte Chloe), Daniel Kluge (als Colins bester Freund Chick) und Sophie Marilley (als dessen Freundin Alise) zu erleben.

Die Oper Der Schaum der Tage basiert auf dem Roman "L"Ecume des jours" von Boris Vian, dem skandalumwitterten französischen Jazzer, Chansonnier, Schauspieler und Autor. Dessen surrealistisch verfremdete und zwischen Lyrik und absurdem Theater, Groteske und Tragödie changierende Liebesgeschichte aus dem Jahr 1946 wurde in den 1960er/70er Jahren zum Kultbuch einer ganzen Generation junger Leser. Als dem frankophilen Komponisten Edison Denisov, einem der unabhängigsten und kreativsten musikalischen Köpfen der Sowjetunion und wichtigen Vermittlern der westlichen Avantgarde, Boris Vians Roman in die Hände fiel, verspürte er sogleich das Bedürfnis, ja "die Notwendigkeit", über dieses Sujet eine Oper zu schreiben. Er selbst arbeitete den Roman zum Libretto seiner gleichnamigen Oper um.

"Der Schaum der Tage" erzählt die berührende Geschichte um den jungen, wohlhabenden Colin, der mit seinen Freunden ein unbeschwertes Leben zu genießen scheint und gleichwohl von Angst und Einsamkeit bedrängt wird. Als er auf einer Party die bezaubernde Chloe kennenlernt und wenig später heiratet, scheint sein Glück vollkommen. Doch schon bald diagnostiziert Dr. Mangemanche in Chloes Lunge eine lebensbedrohliche Seerose. Um sie abzutöten, muss Chloe ständig von Blumen umgeben sein. Die Blumen treiben Colin in den finanziellen Ruin; dennoch zögert er nicht, für seine geliebte Chloe durch die Hölle zu gehen.

Edison Denisov stellte seine Protagonisten Colin und Chloe auf eine Stufe mit mythischen Liebespaaren wie Tristan und Isolde, Romeo und Julia oder Pelleas und Melisande. Die melodisch beseelten, Opernszenen sind teils mit musicalnahen Chor- und Chansoneinlagen, teils mit Zitaten der Jazzlegende Duke Ellington durchsetzt. Liturgische a capella-Chöre sowie eine starke Präsenz von Glockenklängen verbinden Denisovs Oper zudem mit der Tradition des orthodoxen Kirchengesangs. Der mit allen konstruktiven Finessen des Serialismus virtuos, frei und souverän spielende Komponist verdichtet den kammermusikalisch-filigran aufgefächerten, um den Klang zweier Saxophone und eines reichen Schlagzeug- und Tasteninstrumentariums erweiterten Orchesterapparat immer wieder zu intensiven sinfonischen Aufschwüngen.

Edison Denisov - Der Schaum der Tage
L"Ecume des jours nach Boris Vian
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Premiere: Samstag, 1. Dezember 2012, 19 Uhr

Weitere Vorstellungen:
4./ 7./ 11. Dezember 2012

Staatsoper Stuttgart
Oberer Schloßgarten 6
D - 70173 Stuttgart

W: http://www.oper-stuttgart.de/

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