Der Manor Kunstpreis Aarau 2024 geht an Ishita Chakraborty

Ishita Chakraborty ist die Trägerin des Manor Kunstpreises Aarau 2024. Dieser wird alle zwei Jahre zur Förderung junger Schweizer Kunst vergeben.

In drei neuen Werken verknüpft die Künstlerin und Dichterin ökologische und gesellschaftspolitische Fragen: Straßensperren aus Glas, Hunderte von Stacheldrähten aus Porzellan und eine raumfüllende Wandzeichnung zu den Tropen verbinden sich zu einem ganzheitlichen Blick auf die aktuelle (Um-)Weltlage.

Die Künstlerin und Dichterin setzt sich in verschiedenen Medien mit brisanten Themen auseinander. Dazu gehören Fragen zur Migration oder zur aktuellen Klimakrise, zu kolonialen Verstrickungen oder Marginalisierungsprozessen. Ihr künstlerisches Spektrum reicht von Installationen über Wandmalereien bis hin zu Soundarbeiten und Poesie. In den Neuproduktionen führt sie diese Auseinandersetzung für die Manor-Kunstpreis-Ausstellung fort und thematisiert dabei politische Systeme und Machtstrukturen, staatliche Regulierungsmaßnahmen, die Bedeutung von Grenzen oder die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen.

Gleich zu Beginn des Ausstellungsparcours wird der Weg durch eine fragile Barriere versperrt. Die Arbeit orientiert sich an einem zweieinhalb Meter langen Absperrgitter, das üblicherweise bei Großveranstaltungen oder zur Straßensperrung eingesetzt wird. Chakraborty produziert das Gitter jedoch aus Glas. Nur in der Form bleibt es der Vorlage aus Stahl treu. Ähnlich verfährt die Künstlerin mit einer Wandinstallation aus Stacheldrähten, die sie aus Porzellan anfertigt. Auch hier wählt sie ein zerbrechliches Material. Die zu Hunderten an der Wand installierten Drähte wecken unterschiedliche Assoziationen. Sie erinnern an Wandtexte, Brailleschrift für Sehbehinderte oder gar militärische Flugzeugformationen am Himmel. Chakraborty geht über die gängige Symbolik der Objekte hinaus und stellt damit staatliche Kontrollmechanismen infrage. Dabei lädt sie uns ein, unsere Vorstellungen zu hinterfragen und über die Wandelbarkeit des Begriffs „Grenze” nachzudenken. Sind Trennlinien gar nicht so unumstößlich und starr, sondern vielmehr brüchig und fragil?

Grenzen werden auch symbolisch durch die Linien im dritten neuen Werk dargestellt, einer raumfüllenden Wandinstallation. Hier kombiniert Chakraborty Bleistiftstriche mit verschiedenen Bildtypen: im Internet gefundene Tapetenmuster zu den Tropen, Archivmaterial von südafrikanischen Kakaoplantagen und Fotografien von ihrer letztjährigen Künstlerresidenz im brasilianischen Amazonasgebiet. In Chakrabortys Arbeiten prallen die Utopien und Realitäten romantisierter Tropenlandschaften aufeinander.

Mit ihrem ökofeministischen Ansatz, der soziale und ökologische Fragen gemeinsam betrachtet, zeigt sie in ihren Arbeiten globale Verflechtungen und historische Zusammenhänge auf.

Ishita Chakraborty (*1989 in Westbengalen, Indien) lebt in Möriken und arbeitet in Schönenwerd, Aargau.

Der Manor Kunstpreis, der 2022 sein 40-jähriges Bestehen feierte, ist einer der wichtigsten Förderpreise für zeitgenössische Kunst in der Schweiz. Er wurde 1982 von Philippe Nordmann ins Leben gerufen, um jungen Schweizer Kunstschaffenden eine Plattform zu bieten. Er wird jährlich und alternierend in den Städten Aarau, Basel, Biel, Chur, Genf, Lausanne, Luzern (für die Zentralschweiz), Lugano, Schaffhausen, Sitten, St. Gallen und Winterthur von einer Fachjury vergeben. Ein Blick auf die Liste der Preisträger:innen zeigt, dass der Manor Kunstpreis einer ganzen Reihe von Künstler:innen den Weg zum internationalen Durchbruch geebnet hat.

Ishita Chakraborty
Manor Kunstpreis Aarau 2024
24. Mai bis 24. August 2025
Vernissage: Freitag, 23. Mai, 18 Uhr