Der knackigste aller Salate

17. Dezember 2012 Kurt Bracharz
Bildteil

Wer aus dem Urlaub am Meer nur jene Quallen kennt, die als hübsche, mehr oder minder transparente Schirme im Wasser an der Oberfläche dümpeln, um am Strand zu unattraktiven Glibberhaufen zusammenzufallen, wird sich wundern, dass asiatische Restaurants Quallensalat auf die Karte setzen. Aber es gibt eben auch die Wurzelmundqualle Rhopilema esculenta, die in getrocknetem Zustand in unregelmäßig geformten, gelb-bräunlich gefärbten Stücken von schnittfester Konsistenz in den Handel kommt.

Wer aus dem Urlaub am Meer nur jene Quallen kennt, die als hübsche, mehr oder minder transparente Schirme im Wasser an der Oberfläche dümpeln, um am Strand zu unattraktiven Glibberhaufen zusammenzufallen, wird sich wundern, dass asiatische Restaurants Quallensalat auf die Karte setzen. Aber es gibt eben auch die Wurzelmundqualle Rhopilema esculenta, die in getrocknetem Zustand in unregelmäßig geformten, gelb-bräunlich gefärbten Stücken von schnittfester Konsistenz in den Handel kommt.

Diese Stücke wässert man (in der Literatur ist hier von Stunden bis Tagen die Rede, in Praxis genügen vier, fünf Stunden), schneidet sie in Streifen, blanchiert sie (oder auch nicht, knackiger schmecken sie unblanchiert; allerdings werden die Quallen mit Alaun getrocknet, dessen letzte Spuren man vielleicht doch besser entfernt) und vermischt sie mit Gurkenstreifen und Lauchzwiebelringen und mariniert das Gemenge in Sojasoße, Reisessig, Zucker, ev. etwas Senf, und mit Sesamöl.

Oft wird Sesam auch in anderer Form zugemischt, etwa als gerösteter weißer Sesamsamen. Ein Fertigsalat von "Porky’s Kitchen" zählt auf der Verpackung als Ingredienzen auf: Qualle, Gurke, Sojasoße, Reisessig, Sonnenblumenöl, Sesamöl, Sesamsamen, Mirin, schwarze Sesampaste, Xanthan und Enokipilze (Flammulina velutipes). In Japan heißt die Rhopilema, deren Schirm einen Durchmesser von einem halben Meter erreicht, Shio Kurage oder Morasaki Zuken.

Obwohl jedes chinesische Kochbuch das Rezept "Zhima Haizhe" für Quallensalat enthält, scheint Thailand das Zentrum des Quallenhandels zu sein. In einer "Universum"-Sendung wurde die Fabrik eines chinesischen Unternehmers in einer thailändischen Provinzstadt gezeigt, in der Wurzelmundquallen aus aller Welt verarbeitet werden; die beste Qualität stammt aus Mexiko (wobei es sich um kleinere, aber auch "fleischigere" Exemplare zu handeln scheint). Der größte Abnehmer dieser Firma ist Japan, wobei die Japaner besonders schöne und sorgfältigst gereinigte Ware verlangen. Das Unternehmen liefert seine Quallen grundsätzlich in Streifen geschnitten, wobei die Kunden offenbar unterschiedliche, aber dezidierte Vorstellungen von der idealen Streifenlänge (zwischen 5 und 8 cm) haben.

Am Wiener Naschmarkt gab es im Laufe der Zeit in Lake konservierte Quallen in drei Formen zu kaufen: flache, wie zusammengefaltete Crêpes aussehende Teile, bereits in Streifen geschnittenes Material ("Instant Jellyfish") und die oben erwähnten, dicken, eher keilförmigen Stücke. Eine chinesische Händlerin behauptete, die dunklen, in Salzlake aufbewahrten Stücke, die sie den "Kopf" nannte (wobei Quallen grundsätzlich keinen Kopf haben), seien die besten – die Japaner sind offensichtlich anderer Meinung. Subjektiv kamen mir die "Crêpes", die ich selbst in Streifen schnitt, am delikatesten vor.

In den immer zahlreicher werdenden Büchern, die sich mit angeblich "kuriosem" Essen beschäftigen, kommen Quallen stets vor, aber von asiatischen Fluglinien wird den Gästen ohne weiteres Quallensalat offeriert.