Der Galatea-Effekt
Er studierte bei Knorr - nicht etwa das Kochen von Fertigsuppen - sondern das Geigenspiel. Es handelte sich um den Komponisten und Musikpädagogen Knorr, und Ernest Bloch muß ihn sehr gemocht haben, nannte er doch eines seiner drei Kinder nach ihm. Im Juli des Jahres 1880 wurde er geboren, und zwar in Genf, der Ernest, nicht der kleine Ivan.
Er war bereits 36 als er das Engagement annahm, als Kapellmeister eine Ballettgruppe in die USA zu begleiten. Ihn wiederum begleiteten seine Frau und die 3 Kinder. Für das Ballettensemble war diese Tournee nicht von Erfolg gekrönt, für Ernest Bloch schon; er nahm in New York eine Stelle an einem Musik-College an und faßte Fuß. Dank diesem und den beiden, die er bereits besaß, ging er später bis nach San Francisco, um dort als Direktor des Konservatoriums zu arbeiten. 1924 erwarb er die amerikanische Bürgerschaft.
1930 kehrte er in die Schweiz zurück, die er jedoch nach ein paar Jahren wieder verließ. Seine jüdische Abstammung machte ihm ein freies Leben in seiner Heimat unmöglich. 1938: Bert Brechts "Furcht und Elend des Dritten Reiches" wurde erstmals veröffentlicht, - in Prag, Arthur Honegger komponierte das Oratorium "Totentanz", und Bloch ging wieder in die USA, diesmal für immer.
"Man nimmt sich mit, wohin man geht", sagte der Mann, dem es an dem kleinen e fehlte, um der Komponist zu sein. Sein Name war Ernst Bloch, so wurde er Philosoph und Zeitgenosse von Ernest Bloch.
Was Ernest stets mitnahm, war sein musikalisches Talent. Ein Werk, das er 1923 in Cleveland innerhalb von nur 4 Tagen komponierte, trägt den Titel "Landscapes" (Landschaften). Im ersten Teil "North" hört und spürt man fast die eisige Kälte des Nordens, dem folgt "Alpestre", eine Homage an Blochs geliebte Schweizer Berge. Die musikalische Reise endet auf Tongataboo, einer Insel im Südpazifik. Diese Landschaften scheinen auch Albert Einstein relativ gut gefallen zu haben! Anläßlich der Gründung der Ernst-Bloch-Society im Jahre 1937, deren Ehrenvorsitzender Einstein gewesen ist, standen eben diese 3 Landscapes auf dem Programm.
Was mir nicht nur relativ, sondern ganz außerordentlich gut gefällt, ist das Streichquartett, welches Ernest Bloch im Alter von 15 Jahren komponierte. Blochs Werkverzeichnis enthält die Streichquartette 1 (komponiert 1916) bis 5, doch sein tatsächliches 1. schrieb er bereits 1896. Viel zu lange Zeit war dieses, quasi 0. Quartett unerhört, denn außer im Konzertsaal war es nirgends zu hören. Das Galatea-Quartett hat dem nun endlich Abhilfe geschaffen und es auf ihrer aktuellen CD "Landscapes" (SONY-Classical) eingespielt! "Très sec" und "très doux" sind Bezeichnungen von E. Bloch in seiner Partitur. "Très merveilleux" und "très euphonique" sind Bezeichnungen von R. Schmitt in ihrer Rezension!
Als Galatea-Effekt wurde bisher der Umstand bezeichnet, wenn bei positiven Erwartungen des Vorgesetzten die Selbstwirksamkeitserwartung (was für ein Wort !) der Mitarbeiter steigt. Was das Galatea-Quartett uns hier "vorsetzt", übertrifft alle Erwartungen, seien diese auch noch so positiv! Dieses junge Schweizer Quartett läßt die Hörer eintauchen in den musikalischen Lebenslauf Ernest Blochs. Wenn durch das Hören von Musik der Alltag eine Auszeit nimmt, und man sich positiver erhebt, als man sich niederließ, das ist für mich der Galatea-Effekt!
Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt
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