6. Februar 2014 - 4:30 / Walter Gasperi / DVD Tipp
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1794 versucht Robespierre in Frankreich mittels Terror die Alleinherrschaft an sich zu reißen, doch seine Gegner versuchen ihn daran zu hindern und zu stürzen. Was vom Hintergrund her ein Historienfilm ist, wird durch die geniale Schwarzweißfotografie von John Alton und den Krimiplot zu einem Film noir. Anthony Manns ebenso eigenwilliger wie spannender Genre-Mix ist bei Koch Media in der Reihe Film Noir Collection auf DVD erschienen.

Statt in der finsteren amerikanischen Großstadt spielt dieser Film noir im spätrevolutionären Frankreich des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Historizität wird hier schon mit der genauen Datierung auf den 26. Juli 1794 behauptet und in expressiven Großaufnahmen werden die historischen Protagonisten Robespierre, Danton, Barras, Saint Juste und Fouché vorgestellt.

Die absolute Machtergreifung durch Robespierre steht unmittelbar bevor. Danton hat er schon hinrichten lassen, Barras sitzt schon im Gefängnis. Vom Exil in Österreich aus versucht General Lafayette aber den Coup Robespierres zu verhindern und schickt Charles d´Aubigny in der Rolle des Straßburger Henkers Duval nach Paris. Dort soll er Robespierres schwarzes Buch, das eine Todesliste enthält, ausfindig machen. Die Veröffentlichung der Liste soll anschließend die Massen mobilisieren. Doch d´Aubigny muss ständig fürchten sich zu verraten und enttarnt zu werden, denn seine Gegner sind äußerst misstrauisch.

Historisch ist nur der Hintergrund, denn d´Aubigny agiert wie ein Undercover-Agent in einem zeitgenössischen US-Krimi. Meisterhaftes Spannungskino bietet Anthony Mann dabei, wenn er eine Szene dehnt, in der Protagonist beim Verlassen eines Gefängnisses fast von Duvals echter Frau enttarnt wird, oder wenn er sich mit seiner Helferin in einem Bauernhof verstecken muss. Perfekt wird auch die Parallelmontage eingesetzt, wenn die Befragung durch Soldaten, die die Flucht verzögert, immer wieder durch Bilder der sich nähernden Verfolger unterbrochen wird.

Dazu kommt die geniale Schwarzweißfotografie von John Alton. Er ist der perfekte Kameramann für einen Film noir, filmte auch einen Western wie Anthony Manns "Devil´s Doorway" in diesem finsteren schwarzweißen Stil, was ihm einen seltsamen Look verlieh. Auch hier arbeitet Alton mit starken Hell-Dunkel-Effekten, löst immer wieder die weißen Gesichter aus dem dunklen Hintergrund heraus, macht mit Weitwinkelobjektiv die Räume eng und beklemmend – und vermittelt damit auch die Beklemmung der Zeit -, indem er Boden und Decke in eine Einstellung presst.

Historisch ist das zwar bis hin zum Ende, in dem sich ein Soldat als Napoleon Bonaparte zu erkennen gibt und damit schon die Zukunft Frankreichs angedeutet wird, alles andere als sorgfältig recherchiert und korrekt, besticht aber als dichter Thriller in historischem Gewand.

An Sprachversionen bietet die bei Koch Media in der Reihe Film noir Collection erschienene DVD die englische Original- und die deutsche Synchronfassung, aber keine Untertitel. An Extras gibt es abgesehen von einer Bildergalerie zwar nur ein Booklet von Thomas Willmann, doch dieses möchte man aufgrund der fundierten Informationen, die hier geboten werden, nicht missen.



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