Das Prinzip Collage

Die Collage ist eine Verfahrensweise, die auf eine hundertjährige Geschichte zurückblicken kann. Ursprünglich um 1912 im Kontext von Kubismus initiiert und von Surrealismus und Dadaismus mitbegründet, zählt die Technik, bei der Textbruchstücke, Bildfragmente und Fundobjekte kombiniert wurden, zu den maßgeblichsten Errungenschaften der Kunst des 20. Jahrhunderts. In den 1960er-Jahren erlangte sie durch die Integration faktischer Werkstücke zur Assemblage international neue Bedeutung. Das Verhältnis von Kunst und Realem wurde redefiniert. Bis heute spielt diese Frage in unterschiedlichen Zusammenhängen eine herausragende Rolle. Spielarten der Collage sind in Kunst und Alltag allgegenwärtig.

Im Schaffen von Adolf Frohner nehmen die Collage und Assemblage eine zentrale Stellung ein. Die Ausstellung nimmt daher sein Werk zum Ausgangspunkt, dem Prinzip Collage in österreichischen Positionen nachzuspüren. Mit Gerhard Rühm, Elfriede Mejchar, Hermann Painitz, Daniel Spoerri und anderen setzt die Schau den Schwerpunkt auf Inventionen der 1960er-Jahre, stellt diesen jedoch spätere Positionen der Gegenwartskunst gegenüber.

Dabei zeigen sich thematische Schwerpunkte. Für Künstler wie Adolf Frohner, Daniel Spoerri, Padhi Frieberger oder Oswald Oberhuber bildet die Arbeit mit gefundenem Material, das "objet trouvé", in den 1960er-Jahren die Möglichkeit, eine kritische Form des Umgangs mit dem Realen zu entwickeln, bei der jeder Art von Illusionismus entgegen gewirkt werden soll. Selbstreferentielle Fragen stellen einen wichtigen Aspekt dieser Auffassung dar. Kunst über die Bedingungen von Kunst ist hier das Motto. Mit Werken wie Adolf Frohners "Hier wohnt Max Ernst" (1964) oder Oswald Oberhubers "Hommage an Aubertin" (1969) sowie Daniel Spoerris "Die Uhren (Das Vorhängeschloss von Rauschenberg)" (1961) präsentiert die Ausstellung selten gezeigte Hauptwerke der Künstler und knüpft Beziehungen zu den Anfängen der Collage und deren internationalen Verwendern.

Im Kontext kritischer Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Status quo und politischen Ereignissen stehen die gezeigten Arbeiten von André Verlon, Otto Muehl und Curt Stenvert, die mit unterschiedlichen Formen der Collage operieren. Wird bei Verlons „Daedalus“(1958/59) und Otto Muehls "Fuß und Hammer" (1965) Malerei und Collage kombiniert, sind es bei Curt Stenverts "Die 35. Menschliche Situation. In einer engen Gasse vor der Polizei fahren" (1964/65) Objekt, Bild, Text und Alltagsgegenstände. Das Erzeugen neuer Zusammenhänge und Sichtweisen – im Spannungsfeld von Destruktion und Ironie – wird evoziert. Dies gilt auch für Ingeborg Strobls "Soldaten" aus 2004, einer ihrer weniger bekannten Objektarbeiten.

Der Blick auf Tabubereiche wie Sexualität und Erotik rückt seit den 1960er-Jahren in den Fokus. Adolf Frohner brach mit seiner Darstellung der Frau wie etwa "Die Puppe" (1967/68), Konventionen. Werke wie Marc Adrians "Optic Destruction" (1967) wirken bahnbrechend und zählen zu Schlüsselwerken der österreichischen Avantgarde. Besonders für weibliche Kunstschaffende wurde die Auseinandersetzung mit dem Rollenbild der Frau zu einem Anliegen. Elfriede Mejchar verbindet in der Serie "Die geliehene Identität", die zwischen 1988 und 1990 entstand, Fotografie und Collage. Ingeborg Pluhar wirft bei der Arbeitsreihe "Miteinander, Zueinander, Gegeneinander" aus 1978 ein kritisches Licht auf Darstellungsmethoden der Medien, wobei sie Text und Motiv subtil zueinander in Beziehung setzt.


Das Prinzip Collage
11. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016