Damenwahl - Die Einflussnahme von Frauen auf Kontexte

Mit der Ausstellung "Damenwahl" bekommen Frauen für Frauen eine Stimme. Das Museum im Lagerhaus in St. Gallen widmet sich mit seiner Sammel- und Ausstellungspraxis der schweizerischen Art Brut, Outsider Art und Naiven Kunst.

Im Schweizer Frauenwahljahr 2021, heuer jährt sich die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für alle zum fünfzigsten Mal, wird die Kunst dieser Bereiche erstmals durch externe weibliche Rezipientinnen ins Zentrum gerückt.

Der Moment der sog. Damenwahl beschreibt im Paartanz den Moment, wenn mit der gewöhnlichen Aufforderungsreihenfolge gebrochen wird und plötzlich die Dame den Herrn auffordert – und nicht umgekehrt. Die Durchbrechung der geltenden Etikette markiert oft den Höhepunkt einer Tanzveranstaltung.

Dieser Aspekt, die Umkehrung dessen, was man erwartet, ist auch in der Ausstellung "Damenwahl" des Museum im Lagerhaus von Bedeutung. Das Kuratorinnen-Duo Marion Runer und Dorothee Haarer interpretiert das Wort "Damenwahl" jedoch um. Tatsächlich geht es zwar noch darum, die Einflussnahme von Frauen auf Kontexte, in denen sie traditionell keine Stimme haben, ins Zentrum zu stellen. Doch diesmal geht es eben nicht um ihre Rolle beim Tanzen. Jetzt geht es um die Welt der Bildenden Künste. In dieser sind Frauen zahlreich vertreten. Als "Player" innerhalb des Kunstmarktes spielen sie jedoch in den allermeisten Fällen auch im 21. Jahrhundert lediglich eine untergeordnete Rolle. Das gilt für sie als Künstlerinnen wie auch als Meinungsbildnerinnen gleichermassen. Um Umkehrung geht es ausserdem bei der Aufgabenverteilung innerhalb des Projekts. Denn die Kuratorinnen haben die Entscheidung zu den Ausstellungswerken an Frauen ausserhalb des Museums übertragen.

Insgesamt zehn Frauen mit ganz verschiedenen Lebenssituationen, Berufen und Leidenschaften haben Werke der Museumssammlung, die durch weibliche Kunstschaffende realisiert wurden, ausgewählt. Für diese, wie auch für die Kunstschaffenden derselben übernehmen sie eine Ausstellungs- "Patenschaft". So entsteht eine Ausstellung, bei der für einmal nicht das Auge der Museums-Kurator_innen (oder der Blick eines männlichen "Players"), sondern ein privater weiblicher Aussen-Blick die Zusammensetzung der Werke. Überdies werden Werke hervorgehoben, welche von weiblichen Kunstschaffenden realisiert wurden und alleine dadurch innerhalb von klassischen Ausstellungsformaten schon oft das Stigma eines "Weiblich-Seins" tragen.

Damenwahl
29. August 2021 bis 13. Februar 2022