Damage Control

Im Jahr 1970 hat Willoughby Sharp im kurzlebigen Museum of Conceptual Art in Chicago eine Ausstellung kuratiert, die unter dem Namen "Body Works" erstmals die gerade im Entstehen begriffene Tendenz einer körperzentrierten Kunst – die später unter dem Namen "Body Art" firmieren wird – einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt hat. Die präsentierten Videoarbeiten von Vito Acconci, Terry Fox, Bruce Nauman, Dennis Oppenheim, Keith Sonnier und William Wegman zeigten im Wesentlichen "the use of the artist’s own body as sculptural material".

Sie zeigten jedoch auch bereits die Dekonstruktion und Destruktion dieses neuen skulpturalen Materials und damit die Selbstverletzung der Künstler als künstlerischen Akt: Acconci brannte sich die Haare von den Brustwarzen, Oppenheim ließ sich durch den Sand schleifen und Wegman steckte sich 11 Zahnstocher in den Gaumen. Als das Museum of Contemporary Art in Chicago fünf Jahre später unter demselben Ausstellungstitel einen erneuten Rückblick wagte, war die Künstlerliste bereits um europäische Protagonisten wie Günter Brus, Joseph Beuys, Gina Pane, Urs Lüthi oder Rudolf Schwarzkogler erweitert.

Aus Anlass der Ausstellung "Damage Control: Art and Destruction Since 1950", die im Herbst 2014 im Kunsthaus Graz gezeigt wird, widmet sich das Bruseum jenem Aspekt künstlerischer Zerstörung, den die vom Hirshhorn Museum in Washington konzipierte Schau vernachlässigt: der Body Art in ihrer Anfangszeit unter dem speziellen Blickwinkel der aktionistischen Selbstverletzung. Damit bietet sich die einmalige Gelegenheit, die späten Aktionen von Günter Brus im internationalen Kontext zu verorten und zu überprüfen, ob er wirklich der erste war, der seinen Körper im Rahmen einer Performance verletzte und damit als "Begründer der Body Art" gelten kann, als der er immer wieder bezeichnet wird.

Die Ausstellung nähert sich dem Phänomen selbstverletzender Körperkunst nicht nur aus einer historischen Perspektive, sondern auch unter dem Gesichtspunkt einer "Ästhetik des Erhabenen", wie dies die Österreichische Akademie der Wissenschaften in einem ihrer jüngsten Forschungsprojekte initiiert hat. Ausgangspunkt der These ist die Annahme, dass sowohl die Body Art als auch die Idee des Erhabenen die Beherrschung des Körpers und der mit ihm assoziierten Gefühlswahrnehmungen ins Zentrum stellen.

Die Ausstellung, die in Kooperation mit anderen Institutionen entstehen soll, zeigt Arbeiten u. a. von Vito Acconci, Günter Brus, Chris Burden, Terry Fox, Stephen Laub, Barry LeVa, Dennis Oppenheim, Gina Pane, Larry Smith, Valie Export und William Wegman.


Damage Control
Body Art and Destruction 1968-1972
14. November 2014 bis 15. Februar 2015