Chinas helfende Hand

3. Oktober 2011 Kurt Bracharz
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In meinem im Frühjahr 2010 geschriebenen und im Herbst desselben Jahres veröffentlichten Kriminalroman "Der zweitbeste Koch" hatte ich undurchsichtige Finanzgesellschaften die künstliche Chinatown "Zhongguo" ("Reich der Mitte") nördlich von Wien aus dem Boden stampfen lassen, einen chinesischen Erlebnispark mit Hotels, Casinos, TCM-Klinik etc.

Jetzt ist in der Realität auf europäischem Boden eine Chinatown aus dem Boden gestampft worden, aber nicht am Nordrand von Wien, sondern am Nordostrand von Bukarest, die "Chinatown Romania". Das von 19 chinesischen Großaktionären angeleierte Objekt ist das größte chinesische Geschäfts- und Handelszentrum in Europa, und da alle chinesischen Händler der Region dort auch wohnen sollen, wird es bald eine echte Chinatown sein.

Die Wiener Chinesen wollten übrigens in der Nähe der U-Bahn-Station Kettenbrückengasse ein chinesisches Tor errichten, was von der Stadt abgelehnt wurde; am Eingang zum rumänischen Chinatowngelände steht jetzt ein 40 m breites, 15 m hohes, handgeschnitztes und handbemaltes Tor, das größte seiner Art in Europa. Bei der Eröffnung der neuen Chinatown lud der rumänische Ministerpräsident Emil Boc chinesische Unternehmer zu weiteren Großinvestitionen in Rumänien ein. Ganz so, wie beim Treffen des Weltwirtschaftsforums in Dalian der chinesische Premier Wen Jiabao die europäischen Staatsschulden kommentiert hatte: "Wir haben unzählige Male gesagt, dass China bereit ist, eine helfende Hand zu reichen, und wir werden weiterhin dort investieren."

Während man nicht genau weiß, wie viele Schuldscheine der europäischen Krisenländern die Chinesen bisher gekauft haben, sind ihre Investitionen in die Schaffung von europäischen Brückenköpfen zum Vertrieb ihrer Billigexporte nicht zu übersehen. Schwer zu sagen , ob es Politiker gibt, die einfältig genug sein, Chinas "helfende Hand" für fast uneigennützig zu halten, aber bei Leuten, die ungeniert Haftungsschirme in scheinbar unbegrenzter Höhe aufspannen wollen, ist ja alles denkbar.