Charles Sandison - Subtext

Noch bis zum 13. Januar 08 zeigt das Centre Pasquart in Biel Arbeiten des schottischen Künstlers Charles Sandison. Sandison verwendet eine Kombination aus Sprache, Architektur und Technologie, um eindringliche Installationen aus Datenprojektionen zu kreieren. Der Raum ist in Dunkelheit gehüllt; bewegte leuchtende Worte gleiten über die Wände, Decke und Boden. Der Besucher steht inmitten eines sich ständig verändernden Universums aus Worten, Zeichen und Charakteren.

Die künstlerischen Werkzeuge von Charles Sandison sind Computer und Projektoren. In seinen faszinierenden Lichtprojektionen entführt der Künstler den Betrachter in die Irrgänge und Verwicklungen der Sprache. In den dunklen Räumen ziehen lautlos leuchtende Wörter und Zeichen mal langsam, mal eilig, dann tanzend, teilweise vereinzelt, dann wieder in Schwärmen über die gesamte Architektur und den Betrachter hinweg. Unvermittelt sieht man sich in eine synthetische Welt eingetaucht, in der die umherschwebenden Begriffe immerzu in Bewegung sind und den Besucher quasi zum rastlosen Denken und Mitverfolgen animiert.

Im ersten Moment scheint es, als ob sich die Wörter selbständig gemacht hätten. Bei längerem Beobachten der Wörter, die aus dem Dunkeln hell leuchtend erscheinen, sich begegnen, kreuzen, sich selbst reproduzieren, kollidieren, sich ausweichen und schliesslich erlöschen oder aufgefressen werden, lassen sich Choreographien erkennen, die an den ihnen zugrunde liegenden binären Code erinnern. Auf einfache, aber eindringliche Weise zeigen sie, wie sehr unsere Sprache und unser gesamtes Denken auf den elementaren binären Strukturen von hell und dunkel, gut und böse, männlich und weiblich, natürlich und künstlich, offen und geschlossen, tot und lebendig o.ä. beruht. Durch ihre vergängliche Form verweisen die Lichtprojektionen auf die Flüchtigkeit der sich fortlaufend verändernden Gedanken.

Bei den gewählten Worten und Texten handelt es sich indes nicht um beliebige Ansammlungen. Sie entstammen vielmehr vorhandener Schriften aus der Gegenwart oder vergangener Jahrhunderte, die der Künstler von Werk zu Werk gezielt auswählt. Die Quellen können je nach Werkinhalt literarischer, philosophischer, juristischer oder politischer Natur oder gar umfassende Lexika sein, die der Künstler dem Computer einspeist. Das Verhalten der einzelnen Worte wird anschliessend von Computerprogrammen errechnet, die auf genetischen Algorithmen basieren, die der Künstler selbst schreibt. Durch das gewählte Zufallsprinzip ist der Ablauf immer wieder anders. Sandison beschreibt die Programmierung nach dem System "genetischer Codes in Bakterien oder Krebszellen".

Wie es der Ausstellungstitel Subtext verrät, ist das eigentlich Gemeinte stets zwischen den Zeilen zu lesen und nicht explizit sichtbar. Die ephemeren Lichtprojektionen vereinen Codierung und Poesie, Digitales und Organisches. Sie erzeugen Abbilder der Gesellschaft und des Lebens, die der ständigen Veränderung unterworfen sind. Die Ausstellung von Charles Sandison im Centre Pasquart ist einem Buch ähnlich konzipiert und in verschiedene Kapitel gegliedert, deren es – entsprechend der Anzahl Ausstellungssäle – vier gibt.

Charles Sandison (* 1969) lebt und arbeitet in Tampere, Finnland. Ursprünglich aus Schottland, studierte Sandison an der Glasgow School of Art. Seit er vor zehn Jahren nach Finnland umgezogen ist, arbeitet der Künstler hauptsächlich mit Computer generierten Projektionen, die Sprache, Form, Architektur und Bewegung kombinieren. Ein Blick auf seine Biographie zeigt eine rege und erfolgreiche internationale Ausstellungstätigkeit. Seine Werke sind in zahlreichen privaten wie auch institutionellen Sammlungen vertreten. Mit seiner Installation "Living Rooms", mit der er 2001 an der Biennale in Venedig (Harald Szeemanns "Plateau der Menschlichkeit") teilnahm, erlangte Charles Sandison plötzlichen internationalen Erfolg.


Charles Sandison - Subtext
4. November 07 bis 13. Januar 08