Cathy Wilkes in der GAK Bremen

Die GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst präsentiert in Kooperation mit dem Kunstverein München die erste institutionelle Werkschau von Cathy Wilkes außerhalb Großbritanniens. Sowohl die Ausstellung in München als auch die Präsentation in Bremen stellen zwei gemeinsam für diesen Anlass produzierte Installationen und erstmalig zugängliches Archivmaterial in den Fokus, wobei die nordirische Künstlerin Letzteres in beiden Häusern individuell zusammenstellt.

Allerdings ergänzen beide Orte diese Kernwerke mit unterschiedlichen Aspekten aus Wilkes’ künstlerischem Schaffen. Konzentrierte sich München im Frühling 2011 darüber hinaus auf ältere, raumgreifende Installationen, zeigt Bremen daneben eine Auswahl kleinerer, aktueller Raumassemblagen und integriert Wilkes’ Gemälde.

Die kleinformatigen, meist abstrakten Malereien von Cathy Wilkes haben einen besonderen Stellenwert in ihrem künstlerischen Schaffen. Sie stehen zum einen in einem Spannungsverhältnis zu ihren räumlichen Anordnungen und vervollständigen die Sicht auf das vielschichtige Werk der Künstlerin. In ihrer starken Materialität sind die Gemälde außerdem ebenso Bildhauerei wie Malerei und verbinden sich so auf sinnfällige Weise mit dem stark skulpturalen Denken der Installationen.

Cathy Wilkes’ Materialakkumulationen eröffnen innerhalb der Ausstellungssituation jede für sich einen bühnenhaften Raum. Wie Einzelepisoden einer kontinuierlichen und nicht abgeschlossenen Erzählung wirken die raumgreifenden Arbeiten, die die Künstlerin für jeden Ausstellungsort neu zueinander in Beziehung setzt oder für diesen konzipiert. Es sind alltägliche, bekannte Fundstücke, die in ihren Bodenarbeiten vereint werden: Einmachgläser, Vogelkäfige, Mobiltelefone, Wasserhähne, Pflüge, Stofftiere, weihnachtliche Holzkrippen, Einkaufsbänder, Krawatten, Babyflaschen, Pinsel, Paletten, Hammer und vieles mehr.

In diesen Zusammenhängen agieren die von Wilkes in letzter Zeit zunehmend eingesetzten menschlichen Figuren wie Schauspieler, seien es Schaufensterpuppen oder Pappmaché-Nachbildungen. In ihrem durch die objects trouvés definierten Handlungsraum übernehmen sie Rollen zwischen Passivität und Aktion, spielen den meist weiblichen Part der fürsorgenden Mutter, der Heroe oder vom Zerfall bedrohten Kriegerin und umkreisen Themen wie "Tod", "Geburt" oder die Suche nach dem eigenen Standpunkt in der Welt.

Konkrete Anknüpfungspunkte werden in den Installationen von abstrakten Formen ergänzt. Auf diese Weise stehen Abstraktion und Gegenständlichkeit, Konkret- und Offenheit, Pathos und Zurückhaltung, Autobiografisches und Allgemeines in einem zufällig wirkenden, aber äußerst präzise gesetzten Reibungsverhältnis. Im Ergebnis sind Wilkes’ Arbeiten erzählerisch, ohne eine konkrete Geschichte zu erzählen, und biografisch, ohne den Betrachter/innen die Möglichkeit auf eigene Sichtweisen zu nehmen.

Wilkes stellt Fragen nach den Grundpfeilern unserer Existenz und scheut sich dabei nicht vor pathetischen Gesten, Intuition und offensichtlicher Subjektivität, so verfehmt diese Mittel in der eher konzeptuell geprägten Sprache aktueller Kunst auch sein mögen. Sie ist nicht auf der Suche nach Antworten, sondern konstatiert zunächst einmal das einfache Da-sein bestimmter, existentieller Befindlichkeiten. Dabei werden Wilkes’ Werke immer von einem großen Interesse an bildhauerischen Fragestellungen und Traditionen getragen und erproben skulpturale Parameter wie Raum, Volumen, Distanzen und Formgebung.

Cathy Wilkes wurde 1966 in Belfast geboren und lebt in Glasgow. Sie wurde 2002 mit dem Baloise Art Prize ausgezeichnet und war 2008 für den Turner Prize nominiert.

Die Ausstellungen in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen und im Kunstverein München werden durch einen Katalog ergänzt, der erstmals Wilkes’ private Texte – drehbuchartige Sentenzen zu ihren Arbeiten und tagebuchähnliche Notizen ihrer Gedankenwelt – der Öffentlichkeit zugänglich macht. Er erscheint zum Ende der Bremer Ausstellung.

Cathy Wilkes
26. November 2011 bis 19. Februar 2012