Brigitte Kowanz - I seem to recall

Das titelgebende Akronym "ISTR" der Ausstellung "I seem to recall" hat durch Brigitte Kowanz‘ Tod im Januar dieses Jahres eine neue Bedeutungsebene erhalten – die so traurig wie stimmig ist, für ihr Werk, das transluzid die Grenzen von real und virtuell, außen und innen, offen und geschlossen überwindet.

Noch Anfang des Jahres hat sie an der Ausstellung gearbeitet, die als raumgreifende Installation angelegt ist und entsprechend ihrer Entwürfe realisiert wurde. Wie immer hat sich Brigitte Kowanz auch im Linzer Schlossmuseum intensiv mit den räumlichen und architektonischen Gegebenheiten auseinandergesetzt. Die vier Säulen im ersten Raum werden als raumprägende Elemente zum Auftakt ihrer Installation aus Neon, Spiegeln und Glas, die mit je einem Buchstaben des Morsecode versehen sind: "I S T R". Der verkürzte Gedanke "I seem to recall" lädt dazu ein, Kowanz‘ künstlerischen Kosmos zu betreten, in dem Licht und Raum, Sprache und Code zu einer poetischen Einheit werden. Was wird aus Worten, wenn sie mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden? Wie verändert sich unsere Sprache durch die digitalen Medien? Wie verkürzt die Geschwindigkeit unseren Wortschatz? Was sagt uns ein Emoji? Und was die Erinnerung?

In einer Aura der Ruhe und Reflexion entfalten sich Kowanz‘ codierte Botschaften für jeden anders, nichts ist eindeutig, die Vieldeutigkeit der Wechselwirkung zwischen Licht, Raum, Zeit und Sprache bilden den Kern ihrer konzeptuellen Kunst – eine Wirkung, die Betrachter:innen durch ihr eigenes Spiegelbild in die scheinbar grenzenlose Installation integrieren und in einen destabilisierten, hybriden Reflexionsraum stellen.

„Licht ist, was man sieht. Licht bleibt nie bei sich, kennt keinen Ort, ist immer in Bewegung. Licht ist ein elementarer Grundstoff. Ohne Licht können wir weder sehen, noch verstehen. Licht ist Information. Licht ist Leben.“ (Brigitte Kowanz)

Für Brigitte Kowanz war Licht ein universeller Stoff, die Grundlage allen Lebens, ein Stoff, der zwar alles sichtbar macht, aber immer Materielles braucht, um sich zu zeigen. Die vielfach ausgezeichnete Künstlerin hat ihre Arbeiten mit Licht in einem Zeitraum von über 40 Jahren entwickelt und nimmt in der jüngeren Kunstgeschichte eine unverwechselbare Position ein. Ihr Werk gilt als konzeptuelle Poesie.

1957 in Wien geboren, studierte sie von 1975 bis 1980 an der Universität für angewandte Kunst, wo sie von 1997 bis 2021 eine Professur innehatte und die Klasse für Transmediale Kunst entwickelte.

Ihre Arbeiten waren unter anderem bei der Venedig Biennale, der Sao Paolo Biennale, der Sydney Biennale, der Cairo Biennale, in der Fondation Beyeler, der Hayward Gallery London, im Museum of Contemporary Art Sydney, im MACRO Museo d‘Arte Contemporanea di Roma, oder im Shanghai Art Museum zu sehen.

Umfangreiche Einzelausstellungen der Künstlerin fanden im Museum Haus Konstruktiv in Zürich, der Galerie im Taxispalais in Innsbruck, der Secession Wien und Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig in Wien statt.

Zudem entwickelte Kowanz weit über 50 Installationen für den Öffentlichen Raum, zuletzt etwa bei Zürich SBB (2021) oder am Dach des Leopold Museums in Wien (2020).

Brigitte Kowanz - I seem to recall
29. April bis 24. Juli 2022