Biographische Dokumentarfilme in Solothurn

23. Januar 2008
Bildteil

Wie alle Jahre finden sich auch heuer im Programm der Solothurner Filmtage (21. - 27.1. 2008) zahlreiche Dokumentarfilme. Auffallend ist dabei aber die Fülle an Porträts und Lebensbeschreibungen von Schweizern im Ausland oder Personen ohne Schweizbezug.

Das Leben Bruno Mansers, der jahrelang im Regenwald Borneos lebte und schließlich im Jahr 2000 dort spurlos verschwand, wird ebenso nachgezeichnet ("Bruno Manser – Laki Penan" von Christoph Kühn) wie das des Südseeforschers Paul Wirz ("Der wilde Weisse" von Renatus Zürcher). Stephan Anspichler porträtiert in "Egoiste – Lotti Latrous" die Schweizerin Lotti Latrous, die um Aidskranken an der Elfenbeinküste zu helfen, ihre Familie aufgab, Luzia Schmid begleitet in "Lost in Liberia" eine junge Entwicklungshelferin bei ihrem humanitären Einsatz im westafrikanischen Liberia und Bruno Moll folgte mit Nacir Khemir den Spuren des Malers Paul Klee, der 1914 Tunesien bereiste ("Die Tunisreise"). Die Zürcher Silvana Ceschi und Reto Stamm wiederum zeichnen in "La Reina del Condon" das Leben der Ostdeutschen Monika Krause nach, die in den 60er Jahren aus Liebe einem kubanischen Schiffskapitän in seine Heimat folgte. Im Land Castros wurde Krause zur Kämpferin für die sexuelle Revolution und Aufklärungsministerin, musste aber das Land 1989 wieder verlassen, als sie sich massiv gegen Machismo und gegen die Ausgrenzung der Homosexuellen einsetzte. Ausnahmen stellen dagegen heuer Filme über Bergbauern, Künstler oder legendäre Schweizer wie den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler dar ("Dutti der Riese" von Martin Witz).

Auch Christoph Schaub und den früheren Basler Theaterintendanten Michael Schindhelm führte ihr Filmprojekt in die Ferne. Sie dokumentieren in "Bird´s Nest - Herzog & de Meuron in China" die Arbeit der Schweizer Stararchitekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron im Reich der Mitte. Offiziell den Zuschlag für die Planung des Pekinger Olympiastadions haben sie zwar nie bekommen, aber wenn es auch kein definitives "ja" gab, war ab einem bestimmten Punkt aufgrund der fortgeschrittenen Planung und der Zeitnot ganz einfach klar, dass nur sie das Projekt noch durchziehen können. Auf frühere Projekte von Herzog/de Meuron und ihre Geschichte geht der Film kaum ein, sondern fokussiert ganz auf die Arbeit in China von der Einreichung des Plans bis zur Fertigstellung des Rohbaus. In Aktion sieht man das Stadion freilich nie und ob sich die Vorstellungen der Planer erfüllen werden, wird man auch erst in einem oder zwei Jahren sagen können.

Klar herausgearbeitet werden dafür die Schwierigkeiten, die sich bei einem solchen Projekt ergeben. Seit dem Scheitern ähnlicher Projekte in Moskau und Dubai wissen die beiden Architekten, dass sie sich in die fremde Kultur einfühlen müssen und haben deshalb auch einen mit der chinesischen Kultur bestens vertrauten Berater zugezogen. Sichtbar wird auch, wie schwierig sich die Verhandlungen mit dem Auftraggebern gestalteten und wie Herzog/de Meuron lernen mussten die Verhandlungstaktiken der Chinesen (Ping Pong-Spiel) zu übernehmen und sie so gewissermaßen mit ihren eigenen Strategien in die Enge trieben.

Auch ein zweites Großprojekt des Schweizer Architekturbüros in China, nämlich den Bau eines Stadtviertels, beleuchtet der Film. – Über das Planungsstadium ist dieses Projekt aber bislang nicht hinausgekommen. So informativ und aufschlussreich "Bird´s Nest" ist, so interessant wäre es doch die beiden Projekte auch im vollendeten Zustand und in dem ihnen zugedachten Einsatz zu sehen. So endet der Film für eine Architektur-Doku doch unbefriedigend.

An ein anderes Ende der Welt hat es Cristina Karrer und Werner Schweizer gezogen. In "Hidden Heart" zeichnen sie nicht nur die Geschichte der ersten Herztransplantation im Jahre 1967 nach, sondern auch das Leben des legendären Arztes Christian Barnard und des vergessenen schwarzen Helfers Hamilton Naki. Parallel werden beide Lebensgeschichten erzählt. Wenig überzeugend ist die Nachinszenierung der Kindheit in sepiafarbenen Bildern, doch für die weiteren Lebensstationen – vor allem natürlich für die Barnards – haben die Regisseure eine Fülle an Archivmaterial ausfindig gemacht. Doch trotz dieser Fotos, Zeitungsschlagzeilen und Filmschnipsel wird die Geschichte vor allem durch die interviewten Personen erzählt und somit bleibt die Erzählweise etwas unfilmisch. Das erklärte Ziel die Geschichte des vergessenen Hamilton Naki zu erzählen erfüllt der Film zwar, doch es bleibt nicht nur unklar, welchen Anteil er nun wirklich an der ersten Herztransplantation hatte und ob er überhaupt dabei war, und zudem wird Naki letztlich auch in diesem Film von Barnard mit seinen Frauengeschichten, Beziehungen zu zahlreichen Berühmtheiten und seiner diffusen Position zum Apartheid-Regime in den Schatten gestellt. – Spannend ist dieser Dokumentarfilm sicher weniger durch die formale Gestaltung als vielmehr durch sein Thema und dokumentiert nicht nur ein Stück Medizingeschichte, sondern auch - wenn auch diffus und wenig differenziert - südafrikanische Geschichte.