Bethan Huws. Forest

Im Mittelpunkt der Ausstellung der Künstlerin Bethan Huws (geb. 1961) steht die Arbeit "Forest" aus den Jahren 2008/09. Sie besteht aus 88 unterschiedlichen handelsüblichen Flaschentrocknern. Aus der dichten Formation dieses "Waldes" von Alltagsobjekten leuchtet ein aus Neonröhren geformter Flaschentrockner hervor. "Forest" ist eine ebenso faszinierende wie rätselhafte Skulptur, die in ihrer flexiblen Gestalt an verschiedenen Orten unterschiedlich in Erscheinung tritt und jetzt erstmals in der Orangerie zu sehen ist.

Die Wahl des Flaschentrockners ist untrennbar verbunden mit einem der großen Revolutionäre der Kunst des 20. Jahrhunderts – mit Marcel Duchamp (1887 – 1968). Ein Flaschentrockner gehörte zu den ersten gefundenen Objekten, die er ohne weitere Veränderung zu Kunstwerken erklärte (Readymade). Bethan Huws setzt sich seit mehr als zehn Jahren intensiv mit seinem komplexen Werk auseinander. Neben Tausenden von Notizen und Zeichnungen sind zahlreiche Werke entstanden, die auf Duchamp direkt oder indirekt Bezug nehmen.

Bereits die Neon-Arbeit, die für die Dauer der Ausstellung auf der Außenfassade der Orangerie angebracht ist, eröffnet das hintersinnige Gespräch mit Duchamp: "At the Base of the Brain There is a Fountain" – eine vielfältig lesbare Anspielung auf Duchamps Readymade "Fountain", ein durch Drehung verändertes Urinoir. Die Ausstellung versammelt darüber hinaus eine Reihe von Skulpturen, Wortvitrinen und Filmen, die zeigen, wie fruchtbar sein Werk für die Künstlerin geworden ist. Dabei geht es nie allein um eine kunstinterne Auseinandersetzung mit Duchamp, sondern um sinnlich-gedankliche Anregungen, die auch Biographisches, Erinnertes, Emotionen und Witz mit einschließen können. Es wird deutlich, wie wichtig Sprache als intellektuelles und soziales Phänomen für Bethan Huws ist, die nach ihrer Jugend in Wales zunächst in London, dann in Paris und heute in Berlin lebt.

Nach Miroslav Bałka, Pia Fries und Franz Ackermann ist Bethan Huws die vierte Künstlerin, die in der jüngeren Vergangenheit die Einladung der Kunsthalle angenommen hat, sich mit den hauseigenen Sammlungsbeständen zu befassen. Bethan Huws arbeitet mit einer Auswahl von Bildern der Moderne, die der Besucher nun in einer überraschenden Zusammenstellung erleben wird. Das bewährte Prinzip der guten Nachbarschaft und der stilistischen Ähnlichkeiten zwischen den Bildern hat sie durch ein anderes Vorgehen ersetzt. Es zeigt sich hier einmal mehr, dass Bethan Huws nicht als strenge Duchamp-Exegetin verfährt, sondern dass das Feld ihres Betrachtens und Verstehens breit ausgelegt ist: An die Stelle des Kosmos Duchamp kann auch die Landschaft der Bilder des 20. Jahrhunderts treten.


Bethan Huws. Forest
3. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016