In der seit etwa drei Wochen in den Medien stattfindenden Debatte um das Beschneidungsverbot durch ein Urteil des Landgerichts Köln sind Meinungen laut geworden, die man so krass in einer mitteleuropäischen Zivilgesellschaft nicht mehr vermutet hätte. Und das nicht etwa nur in den üblichen Internet-Postings und Leserbriefen in obskuren Blättern, sondern auch in namentlich gezeichneten Beiträgen von Journalisten in durchaus seriösen Publikationen.
Beispielsweise wurden in einem Artikel die jüdische Brit Mila, die islamische Beschneidung, die Genitalverstümmelung bei Frauen und die von den chinesischen Kommunisten ausgerottetete Unsitte der absichtlich verkrüppelten weiblichen "Lotusfüße" in einem Atemzug genannt. In einem anderen wurde sogar der Vergleich mit der von Tierschützern zu Recht beklagten Kastration von Ferkeln ohne Betäubung gezogen. Nun lässt sich schon die jüdische Beschneidung am acht Tage alten Säugling nicht mit der islamischen Beschneidung in erheblich späterem Alter vergleichen, weil Letztere zumindest in ländlichen Gegenden deutlichen Initiationscharakter hat.
Vollkommen absurd ist aber jeder Vergleich mit der vor allem in Nordafrika verbreiteten Genitalverstümmelung von vier- bis achtjährigen Mädchen. Bei dieser werden von einer Beschneiderin mit Instrumenten wie Rasierklinge, Schere, Küchenmesser oder Glasscherbe ohne Betäubung Klitoris und Innere Schamlippen teilweise oder zur Gänze entfernt und die blutende Vagina dann zusammengenäht, wobei ein Röhrchen oder Holzstückchen für das Freibleiben einer Öffnung sorgt. Wenn später die Penetration misslingt oder eine Geburt ansteht, wird eben wieder aufgeschnitten und unter Umständen danach wieder reinfibuliert, also neuerlich zugenäht, so lange das Narbengewebe das mitmacht.
Wer diese übrigens historisch lang vor-islamische Praxis der FGM (Female Genital Multilation) allen Ernstes mit einer durch einen Arzt in einem Spital unter lokaler Betäubung erfolgenden Zirkumzision der biologisch nutzlosen Vorhaut bei einem Jungen vergleicht, muss entweder ein kompletter Ignorant oder ein bigotter Narr sein.