Ausstellung "Untitledofcourse" in der Harder Galerie.Z
Wenn raschelnd und zischend Formen über die Blätter tanzen, Souvenirs reflektierend ihre Geschichten erzählen, wenn Gedichte philosophierend mit Industrieobjekten zusammentreffen, wenn Mut zur Ideenlosigkeit als Einladung zum Scheitern willkommen geheißen wird, wenn Gedanken ungefiltert über den Stift aufs Papier fließen und zu Musik werden, wenn einem scheinbar unbezwingbaren Strichgestus eine gesellschaftskritische Haltung angedichtet wird, wenn italienische Espressomaschinen sich im Sirtaki versuchen und gleichzeitig stoisch wie Sonnenschirme ihre Dienste anbieten...,
dann liegt die Vermutung nahe, dass Sie sich gerade im Emi Rendl Denk`s Seminar Zeichnen als Methode zur Ideenentwicklung an der Angewandten befinden. Ihr Mobiltelefon würden sie vermutlich nicht vergessen abzuschalten, Sie würden wahrscheinlich auch keine Unterhaltung führen wollen. Denn in den Seminarräumlichkeiten der Universität hat sich, wie immer am Freitag ein Grüppchen zusammengefunden, das in entspannter und gleichzeitig hochkonzentrierter Weise seine Gedankenspuren übers Papier zieht und den Raum mit einer federleichten Stille überzieht, die Sie nur ungern stören würden wollen.
Als Kuratorin der Ausstellung wählt sie für die Teilnahme an der Präsentation in Hard jene Studierenden aus, die ihr in besonderem Maße aufgefallen sind: Dieses Jahr sind es Nina Krall, Kaya Joo, Hanna Wimmer, Rina Lipkind, Arik Kofranek und Auguste Marceau.
Nina Krall folgt beim Zeichnen dem Impuls, Alltagsgegenstände wie etwa Espressokannen neu zu interpretieren. Die Linien setzt sie rasch und präzise, sodass vibrierend anmutende Blätter entstehen und die Kaffeemaschinen zu tanzen beginnen.
Kaya Joo lässt sich auf einen emotionsgeladenen Diskurs ein, der sie durchaus fordert. Denn "es rasselte, zischte, entwand sich mir, um in tänzelnden Bewegungen zwischen Stabilität und Destruktion seine Form in immer schnelleren Bewegungen zu ändern" , beschreibt sie ihr Ringen um das zeichnerische Fassen eines "undefinierbaren Etwas". Denn es gebärdet sich widerspenstig, störrisch, sich aufbäumend gegen das gestalterische Eingreifen. Dieses gegenseitige kraftvolle Duellieren sieht man ihren Arbeiten an, man spürt es förmlich.
Systeme - gesellschaftliche wie politische - nehmen bei Hanna Wimmer eine zentrale Rolle ein. Meist symbolisiert sie das mit dem Zeichen Phi, das in der Kunst für den Goldenen Schnitt steht und in der Mathematik zur Standardisierung von Zahlen verendet wird. Einfließen lässt sie in ihre Arbeiten zusätzlich Worte und Textfetzen, die in Kombination mit dem Bild facettenreiche Geschichten erzählen. Oft beinhalten sie Kritik an vorherrschenden Mustern in der Gesellschaft, die durch den dynamisch bis gehetzt wirkenden Strichduktus noch verstärkt wird.
In die unendlichen Weiten des Weltalls entführen die Arbeiten von Rina Lipkind aus Moskau. Blicke wie durch ein Fernrohr auf mikroskopisch detailliert gezeichnete Ausschnitte aus einem Kosmos voll phantasievoller Gebilde lassen in eine unbekannte Galaxie eintauchen.
Als Befreiunggschlag von der Kunst bezeichnet Arik Kofranek, der als Medienkünstler und Musiker in Wien lebt, seine Zeichnungen. Gezielt konzeptuelles Experimentieren sowie die systematisch-missbräuchliche Verwendung von Mediengeräten prägen die Erscheinungsbilder seiner Werke. Er bekennt sich dezidiert dazu, Banalität, Ideenlosigkeit, das Scheitern und die Akzeptanz des Unvermögens als Antrieb für kreatives Tun jenseits beurteilender Instanzen im Inneren zu nutzen. Verschriftlichte Gedanken und gezeichneter Klang verschmelzen so zu Kompositionen der eigenen, unvermittelt direkten und ungekünstelten Art.
Auch Auguste Marceau greift auf unterschiedliche Medien und Techniken zu, um Erinnerungen und persönliche Erfahrungen zu visualisieren. Mit diesem individuellen Ansatz beabsichtigt er keinesfalls eine Nabelschau sondern eröffnet den Betrachtern die Möglichkeit, mit ihrem eigenen Beitrag das Konzept anzureichern, zu erweitern oder zu vervollständigen.
Untitledofcourse
Gregory Desneux | Kaja Joo | Arik Kofranek | Nina Krall | Rina Lipkind | Hanna Wimmer
8. Juni bis 8. Juli 2017
Eröffnung: Mittwoch 7. Juni 17 | 19:30 Uhr