Adolf Frohner (1934 - 2007) zählt zu den wichtigsten österreichischen Künstler:innen der Nachkriegsmoderne. Als Mitbegründer des Wiener Aktionismus ist er für seine expressive Malerei und Zeichnung bekannt. Darüber hinaus war er seit den späten 1970er Jahren bis in die 2000er Jahre in verschiedenen Funktionen an der Universität für angewandte Kunst tätig. Im Jahr 2024 hätte Adolf Frohner seinen 90. Geburtstag gefeiert. Im Jubiläumsjahr widmet sich das Forum Frohner im ehemaligen Minoritenkloster Krems-Stein in einer zweiteiligen Ausstellungsreihe dem Wirkungsfeld des "Lehrers" Frohner. Impulsgebende Themenbereiche aus Frohners Werk und Wirken werden aufgegriffen und in wechselnden Ausstellungen mit nationalen und internationalen Künstler:innen in Beziehung gesetzt.
Adolf Frohner war ein autodidaktischer Künstler. Lediglich in den 1950er Jahren besuchte er den legendären Abendakt bei Herbert Boeckl an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Zwei Jahre nach seiner Teilnahme an der Biennale in Venedig 1970 wurde er an die Hochschule für angewandte Kunst (heute Universität für angewandte Kunst) berufen.
Frohner war zunächst außerordentlicher Professor für Aktzeichnen, wurde 1976 ordentlicher Professor und übernahm in der Folge verschiedene Abteilungen und Positionen, bis er 1985 die Meisterklasse für Malerei übernahm. Die Aufnahme in seine Klasse war wenigen vorbehalten, die Atmosphäre von großer Freiheit und Selbstermächtigung geprägt.
In der zweiteiligen Ausstellungsreihe im Forum Frohner sind Werke von Künstler:innen zu sehen, die in der Meisterklasse von Adolf Frohner studiert haben und deren künstlerischer Weg bei Frohner begann. Sie zählen heute zu den etablierten österreichischen Künstler:innen.
Die Frühjahrsausstellung mit dem Titel Dialoge" konzentrierte sich auf Studierende der Meisterklasse in den 1980er und 1990er Jahren, die einen Bezug zu Frohners künstlerischer Position aufweisen. Zu sehen waren Künstler:innen wie ONA B., Nina Maron, Emi R. Denk oder Harald Gfader. Der zweite Teil der Reihe widmet sich unter dem Titel "Konfrontationen" Frohners Schüler:innen der späten 1990er und frühen 2000er Jahre. Die Ausstellung zeigt, wie sich die künstlerische Praxis in eine neue Ära entwickelt hat, die von Medienvielfalt und politischem Engagement geprägt ist.
Die Vielfalt in allen künstlerischen Medien und der Aufbruch in ein digitales Zeitalter, verbunden mit offen verhandelten Fragen zu Politik, Umwelt und Gender, führten zu einem neuen Vokabular der aufstrebenden Generation der späten 1990er und frühen 2000er Jahre. Die Herbstausstellung zeigt zwei Videos, Gemälde, Plakate, Collagen und Objekte von insgesamt 12 Künstler:innen.
Bereits während ihres Studiums beschäftigten sich Künstler wie Oliver Ressler (* 1970) und Martin Krenn (* 1970) mit neuen Ansätzen in der politischen Auseinandersetzung. Anfangs noch in der Malerei tätig, entwickelten sie dokumentarische Arbeiten, die auf Missstände aufmerksam machten. Plakate, Arbeiten im öffentlichen Raum und Videos wurden zu wichtigen Ausdrucksformen, um aktuelle gesellschaftliche Probleme und weltweite Protestbewegungen zu thematisieren. Sichtbar wird dies in einer gemeinsamen Arbeit der beiden Künstler aus dem Jahr 1995: Die Plakatserie "Die neue Rechte - Materialien für die Demontage" wurde vier Wochen lang im öffentlichen Raum gezeigt. Die Plakate stellten Zitate der Neuen Rechten kritischen Texten gegenüber, um deren rassistische Ideologie zu entlarven. Die Standorte wurden bewusst gewählt, um eine breite öffentliche Auseinandersetzung mit den Inhalten zu ermöglichen.
Oliver Resslers Kurzfilm "After the Barrage, the Deluge" (2022) ist im Rahmen von "Konfrontationen" erstmals in Österreich zu sehen. Er thematisiert die sozialen Folgen zweier großer Bauprojekte in Casablanca, unter denen die Bevölkerung zu leiden hat. Der Film zeigt Eindrücke der Lage vor Ort und lässt Bewohner:innen zu Wort kommen. Oliver Ressler und Martin Krenn blicken beide auf mehr als drei Jahrzehnte künstlerischen Schaffens zurück und stehen exemplarisch für eine Kunst, die politisches Engagement als notwendig begreift.
Marko Lulić (* 1972) studierte von 1992 bis 1996 in Frohners Meisterklasse. Schon während seines Studiums suchte er nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen und widersetzte sich traditionellen Kunst- und Vermittlungsformen. Seine Arbeiten tendierten zunehmend in eine konzeptuell-performative Richtung und hinterfragten traditionelle Repräsentationsformen.
Gemeinsam mit seinen Studienkollegen Bernhard Frue (* 1968) und Paul Ritter (* 1967) stellte er bereits während des Studiums aus. In Zusammenarbeit der drei Künstler entstand 1995 das Plakat "Mainstream Cult" im Rahmen einer Ausstellung des Kunsthistorikers Othmar Rychlik. Es ist ein Künstlerplakat im Sinne des deutschen Installations- und Performancekünstlers Martin Kippenberger und vermittelt in popkultureller Sprache die Aufbruchsstimmung und Dynamik einer Zeit.
Karl Kriebel (* 1968) wurde 1991 in die Meisterklasse Frohnes aufgenommen, die er besonders "wegen der Vielfalt der künstlerischen Positionen" schätzte. Er schloss sein Studium 1997 ab. Die beiden in der Ausstellung gezeigten Gemälde und Objekte von Karl Kriebel verdeutlichen seinen Weg von der geometrisierenden Malerei der Studienzeit zu einer malerisch-konzeptionellen Position in Zeichnung und Malerei.
Auch im Werk von Christian Hutzinger (* 1966) dominieren geometrische Schablonenformen, die scherenschnittartig zu Kompositionen zusammengefügt werden. Das Werk "Ohne Titel (CH 77/2019)" aus dem Jahr 2019 steht für eine ausformulierte Bildsprache, in der die Einfachheit der Form und die Klarheit der Farbe zu einer ikonischen Aura führen. Weder Geste noch Pinselstrich sind erkennbar, die Bildfläche wird von homogenen Farbfeldern und schlichten Formen mit abgerundeten Ecken dominiert.
Moussa Kone (* 1978), Bernhard Hosa (* 1979) und Ulrike Königshofer (* 1981) besuchten Frohners Klasse in den letzten Jahren seiner Lehrtätigkeit. In Ablehnung der großen malerischen Geste Frohners wandte sich Kone der Zeichnung zu und entwickelte kleinteilige Arbeiten. Die Tuschezeichnung "jury (artist & critics)" von 2007 ist eine frühe konzeptuelle Arbeit. In Anlehnung an Rembrandts "Die Anatomie des Dr. Tulp" hinterfragt Kone das Verhältnis von Künstler:in und Kritiker:in. Der nackte Körper des Künstlers ist umgeben von gesichtslosen Menschen in Anzügen, denen er ausgeliefert ist.
Ulrike Königshofer greift in ihrer Serie "Empty Walls" von 2023/24 auf das Medium der Zeichnung zurück, um den Blick auf das sonst Unbeachtete zu lenken. Durch Abrieb auf Papier macht sie die Oberfläche von Museumswänden sichtbar.
Auch Ruth Brauner (* 1975) gehört zur jüngsten Generation von Student:innen in Frohners Meisterklasse. Bereits während des Studiums entdeckte sie ihre Vorliebe für das Aktzeichnen. Daraus entwickelte sie eine Form des konzeptuellen Zeichnens im Raum. Sie schneidet frühere und aktuelle Zeichnungen aus und fügt sie zu schwebenden Aktdarstellungen zusammen, die ein neues, installatives Objekt bilden. So besteht die Installation "Körperschichten" von 2020/21 aus mehreren expressiv figurativen Zeichnungen, die in den dreidimensionalen Raum ausbrechen.
Bernhard Hosa hat sich von der Malerei zur Installation, Collage und Objektkunst entwickelt. Seine Arbeit "Untitled" von 2005 besteht aus einem Stuhl, auf dem eine Jacke drapiert ist. Diese Inszenierung eines Alltagsgegenstandes eröffnet Raum für Assoziationen und Interpretationen. Sie ist eine subtile, aber eindringliche Reflexion über gesellschaftliche Strukturen und Verhaltensmuster.
Im Kontrast dazu steht Frohners eigenes Werk. Viele seiner Student:innen schätzten besonders Frohners Frühphase in den 1960er Jahren. 1962 hatte er zusammen mit Otto Muehl und Hermann Nitsch den Wiener Aktionismus mitbegründet, der sich stark gesellschaftskritisch äußerte. Auch Frohners Zeichnungen der 1960er Jahre sind von performativen und subjektiven Gesten geprägt. Mit dem Manifest zur Blutorgel von 1962 und einer Arbeit aus dieser Zeit verweist die Ausstellung auf diese prägende Phase. Sie zeigt die Unterschiede zu den zeichnerischen und inhaltlichen Ansätzen der ausgestellten Werke seiner ehemaligen Student:innen.
Mit Ruth Brauner, Adolf Frohner, Bernhard Frue, Bernhard Hosa, Christian Hutzinger, Moussa Kone, Ulrike Königshofer, Martin Krenn, Karl Kriebel, Marko Lulić, Oliver Ressler und Paul Ritter.
Konfrontationen
bis 6. April 2025
Kuratorin: Elisabeth Voggeneder