And How and Where and Who

Der französische Maler Bernard Frize (*1949 in Saint Mandé, lebt und arbeitet in Paris und Berlin) richtet im Museum Morsbroich die erste große Überblicksausstellung seines Werkes im deutschsprachigen Raum seit mehr als zehn Jahren aus. Er präsentiert Arbeiten aus sämtlichen Schaffensperioden und legt dabei einen Schwerpunkt auf die jüngste Produktion seit 2005.

Darunter befinden sich große Zyklen wie die so genannten "Grasbilder" aus dem Jahr 2009 sowie zahlreiche Werke, die beispielhaft die unterschiedlichen Serien der vergangenen Jahre repräsentieren. Fotografien aus den Jahren 2001 und 2009 sowie ein extra für diese Ausstellung angefertigtes ortsspezifisches Gemälde, das einen Raum des Museums großformatig ausfüllt und wie eine Barriere dem Besucher gegenübertritt, zeigen eine bisher unbekannte Seite des Künstlers.

Bernard Frize hat mit seinem prozessbetonten Ansatz die abstrakte Malerei seit 1976 entscheidend vorangetrieben. In seinen Gemälden ist der Herstellungsprozess für den Betrachter so transparent gestaltet, dass er die Idee eines Bildes von seiner Ausgangsfrage über die Regeln, nach denen der Künstler es gemalt hat, bis zu seiner konkreten Erscheinung ohne Schwierigkeiten nachvollziehen kann. Für Gemälde wie "Basinga" (2010) oder "Wig" (2009) zum Beispiel hat Frize einen mit Farbe getränkten Rundpinsel auf einer weiß grundierten Leinwand so stark abgedrückt, dass die Borsten auf der Leinwand nach außen gedrängt wurden. Durch die mehrfache Wiederholung dieses Vorgangs entstanden Gemälde, die den Eindruck von schwimmenden Quallen oder einem Blütenmeer vermitteln. Obwohl der Produktionsprozess reduziert, nachvollziehbar und von subjektiven Äußerungen des Künstlers nahezu völlig befreit ist, strahlen diese Arbeiten eine starke Sinnlichkeit und auch Rätselhaftigkeit aus.

Der Künstler kommentiert sein Bildverständnis in seinem umfangreichen Essay für den Katalog: "Das Gemälde ist ein auf einer Wand ausgebreitetes Objekt, das darauf wartet, dass man kommt und es aktiviert oder nicht. Es ist per definitionem stumm. Es überträgt Schwierigkeiten in die Sprache, genauso wie es auch Rätsel bleibt. Der Genuss eines Gemäldes erfolgt über die Sinne genauso wie über den Intellekt."

Während Bernard Frize in seinen frühen Gemälden gegenständliche Assoziationen vermieden hat, sind die Allusionen auf Blüten, Quallen und Graslandschaften in den aktuellen Werken ein neuer Aspekt. Bilder wie Primel, Moro, Vollu, Schorl oder Meauz aus dem Jahr 2009 erinnern an lichtdurchflutete Nahansichten von Gräsern. Frize wendet in den "Graslandschaften" ein Verfahren an, mit dem er auch in anderen Arbeiten experimentiert hat: Er bemalt den Pinsel mit drei unterschiedlichen Farben, führt ihn über die gesamte Breite der Leinwand immer wieder mit teilweise gebogenen Schwüngen vom oberen zum unteren Rand des Bildes und dreht ihn während dieser Zugbewegung, sodass eine Farbe organisch in die andere übergeht. Auf diese Weise entsteht ein so dichtes wie verschlungenes Vertikalgeflecht aus Pinselstrichen, das sich wiederum in drei horizontale Felder aufgliedert, in denen jeweils eine Farbe dominiert. Sobald die Farben angetrocknet sind, wäscht der Künstler das gesamte Bild unter fließendem Wasser ab. Dadurch werden die noch feuchten Anteile der Farbe wieder von der Leinwand abgelöst, und die Farbzüge erhalten einen durchscheinenden, lichten Charakter.

"And How and When and Who". Bereits der Titel der Leverkusener Ausstellung, der einem Gedicht von Ruyard Kipling entlehnt ist, zeigt, dass Bernard Frize ein unermüdlich neugieriger und fragender Künstler ist. Sein Werk erfüllt den Anspruch, mit jedem neuen Bild, mit jeder neuen Werkgruppe das Unvorhersehbare zu erschaffen.

Zur Ausstellung erscheint im Hatje Cantz Verlag eine Publikation in deutscher und englischer Sprache mit Essays von Bernard Frize und Markus Heinzelmann, 112 S., 44 ganzseitige Farbabbildungen, 7 Schwarz-Weiß-Abbildungen, EUR 25,00 an der Museumskasse (ISBN 978-3-925520-78-5), EUR 29,80 im Buchhandel (ISBN 978-3-7757-2749-5).

And How and Where and Who
5. September bis 7. November 2010