Aliasnamen Seeforelle, Dosenhummer ...

13. Januar 2014 Kurt Bracharz
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Der Rochen gehört zu den unterschätzten Speisefischen. Obwohl diese Knorpelfische keine Gräten haben und simpel zu zerteilen sind – das gedünstete Fleisch lässt sich problemlos von den Knorpeln des Flügels lösen – , und delikater schmecken als manche Meeresfische aus dem gängigen Angebot, sieht man in Österreich Rochenflügel nur selten im Angebot der Fischhändler.

Diese Abneigung ist allerdings keine regionale Besonderheit, Rochen sind für orthodoxe Juden nicht koscher, sie sind aber auch zum Beispiel auf den Philippinen unverkäuflich. Das hängt vermutlich nicht nur mit dem merkwürdigen Aussehen dieser Fische zusammen, sondern auch mit ihrem Ammoniakgeruch. Ihr Blut enthält wie das der Haie Harnstoff, der die Ausschwemmung von Salz aus ihrem Gewebe ins Meerwasser durch Osmose verhindert.

Louis Lemery schrieb in seinem "Traité des aliments, où l"on trouve la différence et le choix qu"on doit faire de chacun d"eux en particulier" (1702) zu diesem Thema: "Der Stachelrochen ... sollte nicht zu frisch sein. Man muss ihn einige Zeit aufheben. Während dieser Zeit findet in ihm ein Gärprozess statt, durch den eine dunkle, klebrige Masse ... allmählich verdünnt und zersetzt wird. Deshalb essen die Bewohner von Paris ... den Stachelrochen in einem besseren Zustand als die Menschen in Küstennähe."

Sehr ähnlich äußerte sich Alexandre Dumas in seinem "Wörterbuch der Kochkunst": "Dieser Fisch muss gut abhängen, damit sein Fleisch mürbe wird. Der Transport vom Hafen nach Paris verbessert seine Qualität. Es ist übrigens der einzige Fisch, den man, selbst bei schwülem Wetter, zwei bis drei Tage aufbewahren kann. (...) Man isst Rochen am besten in Salzwasser, Essig und mit einigen Zwiebelringen gekocht. Nach dem Kochen lässt man ihn abtropfen, zieht die Haut ab und serviert ihn mit einer weißen Kapernsauce oder haselnussbrauner Butter mit gerösteter Petersilie. Rochenleber sollte nur zwei bis drei Minuten lang in kochendem Wasser bleiben, dann ist sie bereits gar."

Dumas gibt drei Rezepte an, die sich kaum voneinander unterscheiden, jenes für junge Exemplare des Fisches lautet: "Mehrere kleine Rochen werden gehäutet und in Salz, Essig, Zwiebeln und einigen Petersilienzweigen mariniert. Abtropfen lassen, in Mehl wenden und goldbraun herausbacken. Nochmals abtropfen lassen und mit einer Sauce aus schwarzer Gewürzbutter servieren." Udo Pini erwähnt in seinem "Gourmet Handbuch", dass der Rochen in Deutschland auch "französischer Steinbutt" heiße, hier aber "allenfalls geräuchert (mit natürlichem, leichtem Ammoniakduft)" angeboten werde. "Rochenleber und Backen bleiben bis auf weiteres ein Geheimtipp unter Gourmets."

Das 1978 in deutscher Übersetzung erschienene, ursprünglich dänische "BLV Bestimmungsbuch Meeresfische der Ostsee, der Nordsee, des Atlantiks" weiß dazu unter dem Stichwort "Glattrochen (Raja batis L.)" mehr: "Ihr Fleisch kommt frisch oder geräuchert in den Handel. Nur die "Flügel" und zuweilen auch ein Teil des Schwanzrückens finden Verwendung. Wie das Fleisch der Nagelrochen wird es in Deutschland mariniert und mariniert als "Seeforelle" verkauft. Früher wurde es zusammen mit dem Fleisch der übrigen Rochenarten in Konservenfabriken verarbeitet, wo man aus den zurechtgeschnittenen kleinen Stückchen "Krabben" oder "Dosenhummer" herstellte. Die Leber dient zur Trangewinnung. Kleinere Glattrochen werden zu Fischmehl verarbeitet."

In den Mittelmeerländern schätzt man auch noch den Geigenrochen (Rhinobatos rhinobatos), während das fade und wässrige Fleisch der für ihr elektrischen Potenzial bekannten Vertreter der Familie der Zitterrochen überall auf wenig Interesse stößt. Übrigens kann auch der Glattrochen elektrische Schläge austeilen. Von den etwa 500 Rochenarten gelten der Nagelrochen (Raja clavata), der Gefleckte Rochen (Raja montagui) und der Sternrochen (Raja radiata) als die schmackhaftesten. Im Handel bekommt man nur selten ganze Tiere, sondern fast immer nur die "Flügel", die man je nach Größe zerteilt oder unzerteilt pochiert und mit gewürzter Butter anrichtet.