Haberpointners unverkennbare Formensprache, die permanente Neuinterpretation von klassischen Materialien – wie Holz – und die konsequente Reflexion von Skulptur und Objekt mit höchster künstlerischer Qualität beeindrucken. Für die Kunsthalle der Neuen Residenz in Salzburg wurden Arbeiten aus den letzten 21 Jahren ausgewählt. In der Ausstellung werden mehrere Kopfserien, großformatige Wandarbeiten in Holz und Papier sowie installative Gruppen, deren jüngste sich mit einem zentralen Arbeitswerkzeug des Künstlers, der Axt, auseinandersetzt, gezeigt.
Köpfe
Schon als Kind setzte sich Alfred Haberpointner mit dem Thema "Kopf" auseinander – den menschlichen Körper in Holz umzusetzen, war für ihn als Kind zu schwierig. Der Kopf stellt seiner Ansicht nach die Essenz des Menschen dar, die ihm als wichtigstes Element erscheint. Nicht als Porträt, sondern als Form mit Profil oder auch Augen. Die Oberfläche, die Farbe und die Verschränkung mit dem Raum erzielt durch Risse und Einschnitte oder Schichtung von Ebenen, sind für ihn eine zentrale Aufgabenstellung. Die Form verändert sich nur geringfügig, sie unterscheidet sich durch Größe und Textur.
Wandarbeiten
Wie manisch-besessen, gleichzeitig aber meditativ und gleichförmig arbeitet Alfred Haberpointner an den teilweise riesigen Wandskulpturen. Die zusammengeleimten Holzplatten erhalten durch die Bearbeitung mit der Axt eine ganz neue Textur. Haberpointner versucht, in einem Stück Holz etwas anderes lesbar zu machen. Die Oberfläche wird durch das Relief wie durch die Farbe gänzlich verändert. Es entsteht eine neue gestalterische Situation. Die Richtung der Bearbeitung ergibt konzentrische Kreise oder Strudel, für die er immer wieder den Titel "Zentrierung" verwendet.
Gewichtung
Der Titel dieser Arbeitsgruppe umfasst Begriffe wie Masse, Volumen, Proportion, aber auch das Ausbalancieren von Gewicht. Die kopfähnlichen Gebilde scheinen auf je drei zarten Füßen zu schweben und stellen ein Wechselspiel von schwer und leicht dar, ein ständiges Gleichgewichthalten. Ähnlich sind seine Installationen mit Haken. Egal, ob sie aus Holz mit Reißnägeln besetzt oder aus poliertem Messing sind, man spürt die Ausgewogenheit und Leichtigkeit der wie zufällig hingelegten und aufgehängten Objekte, die ihre Schwere völlig leugnen.
Reibungen
Die bewusste Oberflächengestaltung kennzeichnen auch die Papierarbeiten Alfred Haberpointners. Die großformatigen Bögen werden mit Bürsten und Besen sowie mit der Hand in einem meditativen, langwierigen, teilweise kräfteraubenden Prozess bearbeitet. Dadurch wird das Papier be- und zerrieben, aufgebrochen sowie aufgefasert und erhält einen reliefhaften, fast skulpturartigen Charakter. Die runde Form bestimmt auch hier das Bildmotiv, wenngleich nicht die Form, sondern die Oberfläche die Frage nach einer innewohnenden Struktur aufwirft.
Joy Division
Für diese Ausstellung schuf Haberpointner die Rauminstallation "Joy Division" (2019–21). Mehr als zwölf Äxte dringen in das Holz des Baumstammes ein oder sind wie im Atelier des Künstlers im Ausstellungsraum verteilt. Mancher Axtstiel liegt besser in der Hand als ein anderer, mancher verursacht Blasen, andere mag Haberpointner nicht weglegen. Dies wirft die Frage nach dem "Rückgrat" der Axt auf, nach der Länge und der Form. Für die Installation schuf Haberpointner unterschiedlich lange und geschwungene Schäfte, die befremdend wirken, aber den Schwung und die Gewalt des Schlages schon in sich tragen. Den Titel "Joy Division" assoziiert er mit jenen weiblichen Gefangenen in den Nazi-Konzentrationslagern, die zur Prostitution gezwungen wurden. Die Gruppe von Frauen trug diesen Namen. So wird die Arbeit selbst zum Ausdruck von Gewalt.
Alfred Haberpointner
Werke 2000 – 2021
Bis 27. Februar 2022
Kurator: Peter Husty