Akbars goldenes Erbe

Das Museum Rietberg gehört mit seiner umfangreichen Sammlung indischer Malerei und zahlreichen internationalen Ausstellungsprojekten in diesem Bereich zu den führenden Institutionen weltweit. Jüngst konnte die Sammlung der unter den muslimischen Kaisern entstandenen Mogulmalerei dank einer Dauerleihgabe von 22 hochkarätigen Werken einen äusserst bedeutenden Zuwachs verzeichnen.

Die Mogulmalerei, die Einflüsse aus Persien, Zentralasien und Indien vereinigt, steht im Zentrum der Ausstellung "Akbars goldenes Erbe. Malerei für die Kaiser Indiens". Die höchst detailreichen und mit leuchtenden Pigmenten angefertigten Bilder gehören zu den künstlerischen Höhepunkten der Mogulherrschaft und erlauben Einblicke in den höfischen Prunk.

Babur, der Grossvater des Kaisers Akbar betrat 1519 erstmals den indischen Subkontinent. Damit war der Grundstein für eine lang andauernde Herrschaft über grosse Teile Nordindiens gelegt. Die sich auf die Eroberer Timur und Dschingis Khan zurückführenden Moguln erreichten in der Folge eine unglaubliche Machtfülle. Die Prosperität im ressourcenreichen Land erlaubte es, die Künste zu fördern. Neben den gigantischen Bauwerken der zentralasiatischen Fremdherrscher, wie zum Beispiel dem Taj Mahal in Agra, schufen Künstler in den kaiserlichen Ateliers Bilder für Manuskripte und Alben. Nicht nur vereint die in dieser Ausstellung gezeigte Sammlung repräsentative Beispiele aus der Zeit der drei grossen Mogulkaiser (Akbar, Jahangir, Shahjahan), sondern auch Werke aus der späteren Mogulzeit, die in der Forschung in den letzten Jahren eine verstärkte Wahrnehmung erfuhren.

Babur (reg. 1526–1530) war der erste Mogulkaiser Indiens. Er galt als äusserst kultiviert; trotzdem existieren keinerlei Belege, dass er die Malerei besonders gefördert hätte. Das änderte sich unter seinem Sohn Humayun (reg. 1530–1556), der selbst gemalt haben soll. Als er nach seiner Inthronisierung von den Paschtunen aus Indien vertrieben wurde, besuchte Humayun den Regenten Shah Tamasp am safawidischen Hof in Isfahan und bekam dort die herausragendsten Zeugnisse der persischen Malerei zu sehen. Mit einigen Malern im Gefolge kehrte er nach Indien zurück, verstarb aber innerhalb eines Jahres.

Unter der Herrschaft von Akbar dem Grossen (reg. 1556–1605) wurden die stilistischen und organisatorischen Grundsteine für die Mogulmalerei gelegt. Die emigrierten persischen Künstler waren in der frühen Phase federführend. Sie rekrutierten und leiteten lokale Maler an und überwachten die Ausführung der ersten grossen Illustrationsprojekte. Die Mogulmalerei war aber keine reine Fortführung der safawidischen Tradition. In Indien wurden schon seit Jahrhunderten buddhistische und jainistische Manuskripte illustriert. Auch die Vorgänger der Moguln, die Herrscher der Sultanatszeit, waren schon als Mäzene in Erscheinung getreten. Auch diese Traditionen flossen bei der Formierung der Mogulmalerei mit ein.

Neben der traditionellen persischen Literatur und Dichtung wurde unter Akbar eine grosse Menge von neuen Texten ins Persische übertragen und reich bebildert. Dass dabei Fabelsammlungen, hinduistische Texte wie das Ramayana oder gar eine Lebensgeschichte Christi illustriert wurden, kann als Symbol für die Offenheit der Fremdherrscher gedeutet werden. Das Herrscherhaus investierte aber auch bedeutende Ressourcen in die Abschrift und das Illustrieren von historischen Texten. Die Autobiografie Baburs und die Herrscherchronik Akbars gehören zu den wichtigsten Beispielen.

Obschon die Porträtkunst ihre Anfänge im 16. Jahrhundert hatte, waren es erst die Nachfolger Akbars, die dieses Genre zu seiner Blüte brachten. Neben pompösen und gleichzeitig von Beobachtungsgabe strotzenden Bildnissen der Herrscher, Prinzen und des Hofstaats wurden auch lokale Machthaber oder religiöse Figuren dargestellt.

Während schon Akbars Sohn Jahangir den Umfang der kaiserlichen Werkstätten reduziert hatte, wurde diese Entwicklung unter Kaiser Shahjahan (reg. 1627–1658) verstärkt. Dies tat der Qualität der Malereien aber vorerst keinen Abbruch. Mittelfristig bedeutete die erodierende Förderung der höfischen Kultur jedoch, dass zahlreiche Maler neue Auftraggeber suchen mussten. Gouverneure, hohe Beamte und Fürsten aus Rajasthan wurden somit zu neuen Kunstförderern. Durch die Durchmischung mit lokalen Traditionen und mit Auftraggebern, die an anderen Themen interessiert waren, entwickelte sich die Malerei in vielen Facetten. Zudem wechselten Malereien schon immer als Geschenke oder im Rahmen von Beutezügen ihre Besitzer – und dienten so als Inspirationsquelle für lokale Maler.


Akbars goldenes Erbe
Malerei für die Kaiser Indiens
9. Oktober 2015 bis 14. Februar 2016