Adolf Frohner und die Art Brut

Im Paris der 1960er-Jahre begegnete Adolf Frohner der Art brut und dessen Begründer Jean Dubuffet. Die Art brut versteht sich als künstlerische Auffassung, die nicht von kultureller Kunst beeinflusst ist. Die einfache und ursprüngliche technische Verfahrensweise der Art brut, die durch ihre direkte und unverfälschte Ausdruckskraft berührt, bedeutete für Frohner einen wichtigen und nachhaltigen Impuls.

Als österreichische Spielart der Art brut erhielt die Kunst aus Gugging in den 1970er-Jahren erstmals Aufmerksamkeit seitens der lokalen Kunstwelt. Junge Künstler wie Arnulf Rainer oder Frohner – auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten – begannen, sich mit dieser Kunstform zu beschäftigen. Auch Adolf Frohner interessierte sich für die direkte Ausdruckskraft der Künstler_innen aus Gugging und setzte sich mit den wegbereitenden Publikationen wie Hans Prinzhorns "Bildnerei der Geisteskranken" aus 1922 und Leo Navratils "Schizophrenie und Kunst" aus dem Jahr 1965 auseinander. Als renommierter Künstler und Professor an der Hochschule für angewandte Kunst (heute Universität) trat er den Freunden des Hauses der Künstler in Gugging (heute Art/Brut Center Gugging) unterstützend bei und besuchte Gugging regelmäßig.

Als es 1989 zu einer öffentlichen Diskussion rund um die Vergabe des Oskar-Kokoschka-Preises kam, die den "Guggingern" verliehen werden sollte, unterstützte Frohner dieses Anliegen. Doch zunächst traf man auf Widerstand. Ein Jahr später kam es zu einem Umdenken und den Künstler_innen aus Gugging wurde diese Ehrung zuteil. Aus diesem Grund initiierte Adolf Frohner 1990 die Ausstellung "Die Künstler aus Gugging. Haus der Künstler" in der Galerie der Hochschule für angewandte Kunst im Heiligenkreuzer Hof in Wien, wo auch die Vergabe des Preises stattfand. Dies markiert einen Wendepunkt in der öffentlichen Betrachtung der Gugginger Künstler_innen vor allem in Österreich.

Ausgehend von der im Heiligenkreuzer Hof gezeigten Schau begibt sich das Forum Frohner auf Spurensuche dieses einflussreichen künstlerischen Dialogs und zeigt Arbeiten von Gugginger Künstlern gemeinsam mit jenen Adolf Frohners. Die Ausstellung spannt den Bogen von Schlüsselwerken der Gugginger Klassiker über die zweite Generation an Guggingern zu Frohners grafischen und malerischen Werken aus den 1980er- und 1990er-Jahren. "Die Art brut war für Adolf Frohner ein zentraler Impuls, er entdeckte die Qualität der Künstler aus Gugging in ihrem unmittelbaren Zugang zur Kunst abseits konventioneller Definitionen. Es scheint mir wichtig nachzudenken, wie Kunst als Kunst begriffen wird. Und die Geschichte der Bewertung von Kunst ist Thema der Ausstellung", so Elisabeth Voggeneder, künstlerische Direktorin des Forum Frohner und Kuratorin der Schau in Krems-Stein.

Als Symbolfigur der Künstler_innen aus Gugging gilt Johann Hauser. In der Ausstellung sind Schlüsselwerke wie die "Krampusfrau" oder die "Frau mit rotem Haar" zu sehen. Besonders sein Frauenbild diente Adolf Frohner als Inspiration. Hausers künstlerische Tätigkeit motivierte heute prominente Gugginger wie Johann Garber, der mit zwei monumentalen Bleistiftzeichnungen ebenfalls vertreten ist. August Wallas Privatmythologie besticht vor allem durch die kraftvolle Emblematik wie beim Gemälde "Krone" aus dem Spätwerk des Künstlers. Erstmals gezeigt wird eine Serie von Frohners grafischen Werken mit figürlichen Motiven aus der Sammlung der Familie. Sie machen Frohners obsessive Freude an der Übertreibung und Überzeichnung spürbar, die an den Stil der Artbrut-Künstler_innen erinnert, sichtbar etwa bei den langgliedrigen Figuren von Johann Korec ebenso wie bei den Gesichtern Rudolf Horaceks. Mit Werken aus der Sammlung der Albertina, der Privatstiftung der Künstler aus Gugging, der Art Brut KG und Privatsammlungen gibt die Schau einen ungewöhnlichen Einblick in die Welt der Künstler_innen aus Gugging und liefert eine bisher unbeachtete künstlerische Bezugnahme.

Künstler: Johann Fischer, Adolf Frohner, Johann Garber, Johann Hauser, Rudolf Horacek, Franz Kernbeis, Johann Korec, Philipp Schöpke, August Walla

Adi und Art Brut
22. Mai bis 03. Oktober 2021