Abenteurer, Adelige und Patriarchen: Zum 100. Geburtstag von Burt Lancaster

4. November 2013 Walter Gasperi
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Am 2. November wäre der 1994 verstorbene Burt Lancaster 100 Jahre alt geworden. Im Gegensatz zu den meisten Hollywoodstars seiner Generation legete sich Lancaster nie auf ein Genre fest und drehte nicht nur in den USA, sondern auch mit europäischen Autorenfilmern wie Luchino Visconti und Bernardo Bertolucci.

Als Ole "Der Schwede" Anderson, der in aller Ruhe auf zwei Killer wartet, die ihn töten werden, wurde Burt Lancaster 1946 gleich mit seinem ersten Film zum Star. Wie in Robert Siodmaks Hemingway-Adaption "The Killers" spielte er auch in der Folge zunächst Verlierer, Männer, die keine Chance haben. Im ebenfalls von Siodmak inszenierten "Criss Cross" 1949) stürzt ihn die obsessive Liebe zu einer geldgierigen Frau ins Verderben, in Jules Dassins "Brute Force" (1947) wird er beim Versuch aus einem Gefängnis auszubrechen getötet.

Auch in Lancasters späterer Karriere gehört die Verkörperung von Verlierern - wenn auch in ganz anderen Kontexten - zu seinen eindrücklichsten Rollen. Als Fabrizio, Fürst von Salina, erkennt er in Luchino Viscontis grandiosem Historienepos "Il Gattopardo" (1963) früh, dass die Zeit des Adels abgelaufen ist und mit dem Risorgimento die Ära des Bürgertums beginnt.

Der Größe und Würde dieser Rolle steht der heruntergekommene Kleinganove Lou in Louis Malles "Atlantic City" (1980) gegenüber, der sich in die junge Sally (Susan Sarandon) verliebt und hofft durch ein Drogengeschäft wieder nach oben zu kommen. - Lancaster brachte diese Rolle seine vierte Oscar-Nominierung, erhalten hat er die Auszeichnung 1961 für seine Darstellung eines durchtriebenen Predigers in Richard Brooks "Elmer Gentry" (1960).

Doch der am 2. November 1913 als Sohn eines Postangestellten in New York geborene Lancaster lässt sich auf kein Rollenbild festschreiben. Zwar spielte er mit elf Jahren zum ersten Mal Theater, doch interessierte er sich in seiner Jugend mehr für Sport. Mit seinem Freund Nick Cravat bildete er sich zum Akobaten aus und ab 1932 traten sie unter dem Namen "Lang & Cravat" als Trapezkünstler auf.

Diese Lust an der Akrobatik kennzeichnet auch einige Filmrollen Lancasters. So trat er mit dem Mantel- und Degen-Film "The Flame and the Arrow" (Jacques Tourneur, 1950), in dem auch sein Jugendfreund Cravat mitspielte, in die Fußstapfen Errol Flynns. Der Erfolg dieses Films rief nach einem Nachfolgeprojekt, das mit Robert Siodmaks knallbuntem übermütigem Piratenfilm "The Crimson Pirate" (1952) nicht lange auf sich warten ließ.

In seinem Element war er auch als Trapezkünstler in Carol Reeds "Trapez" (1956). Da er bei diesen Filmen mit seiner schon 1948 gemeinsam mit Harold Hecht und James Hill gegründeten Produktionsfirma Hecht-Hill-Lancaster auch als Produzent fungierte, nahm er sich das Recht heraus, sich in die Regie einzumischen und inszenierte beispielsweise bei "The Crimson Pirate" die Kampfszenen selbst.

Deutlich wird das besonders bei Robert Aldrichs Western "Apache" (1954), dessen unpassendes Happy End Lancaster zuzuschreiben ist. Auch bei nicht von ihm produzierten Filmen war es oft nicht leicht mit ihm zusammenzuarbeiten. Arthur Penn vertrieb er bei "The Train" (1965) nach zwei Wochen vom Set und ersetzte ihn durch John Frankenheimer, mit Sydney Pollack befand er sich bei den Dreharbeiten zu dem Western "The Scalphunters" (1968) im Dauerclinch.

Die eigene Produktionsfirma ermöglichte es Lancaster aber auch Stoffe und Rollen frei zu wählen. In Daniel Manns "Come Back, Little Sheba" (1952) konnte er einen alkoholkranken Ehemann spielen, in John Frankenheimers "Birdman of Alcatraz" (1962) einen Langzeitgefangenen, der in der Haft zum Vogelexperten wird. Die eigene Firma bot ihm auch die Gelegenheit selbst Regie zu führen, doch der familientaugliche Mix aus Abenteuerfilm und Western "The Kentuckian" (1954) kam weder bei Kritik noch bei Publikum besonders gut an.

Auch Filme, in denen Lancaster nicht mitspielte, produzierte seine Firma wie Delbert Manns realistisches Drama "Marty" (1955), das von der Liebe zwischen einem Schlachter mittleren Alters (Ernest Borgnine) und einer Lehrerin erzählt.

Zu Lancasters berühmtesten Rollen in den 1950er Jahren zählen aber seine Darstellung eines Sergeant in Fred Zinnemanns "From Here to Eternity" (1953), bei dem vor allem die an der Küste spielenden Liebesszenen zwischen Lancaster und Deborah Kerr für Aufsehen sorgten, sowie mehrere Western. Unter der Regie von Robert Aldrich, der sich allerdings über die "guten Ratschläge" Lancasters beklagte, konnte er in "Vera Cruz" (1954) einen Bösewicht spielen, während er in John Sturges´ "Gunfight at the O.K. Corral" (1955) der "gute" Wyatt Earp war.

An seiner Seite spielte hier Kirk Douglas, mit dem ihn seit dem 1948 gedrehten "I Walk Alone" ("14 Jahre Sing Sing", Byron Haskin) eine langjährige Freundschaft und wiederholte Zusammenarbeit verband. Zum siebten und letzten Mal gemeinsam traten die beiden Stars 1986 in der Krimikomödie "Tough Guys" ("Archie und Harry - Sie können´s nicht lassen", Jeff Kanew) auf, in der sie betagte Zugräuber spielen, die nach einer 30-jährigen Gefängnisstrafe nochmals einen Coup landen wollen.

In den USA gab es für Lancaster in den 1970er und 1980er Jahren aber nur wenige interessante Rollen. Eine Ausnahme stellt Robert Altmans "Buffalo Bill and the Indians" (1976) dar, in dem der Altstar an der Seite von Paul Newman einen Geschäftsmann spielte, der den Westernhelden Buffalo Bill vermarktet.

Markantere Rollen erhielt er aber in Europa wie den Patriarchen in Bernardo Bertoluccis monumentalem "Novecento" (1975) oder den Konzern-Besitzer in Bill Forsyths "Local Hero" (1983), der zunächst in einer idyllischen Region Schottlands eine Raffinerie errichten will, dann aber dem Reiz der Gegend und des Sternenhimmels verfällt.

Seinen letzten großen Kinoauftritt hatte Lancaster in Kevin Costners Baseball-Film "Field of Dreams" (1989), danach spielte er nur noch in einigen TV-Filmen, bis er nach einem Schlaganfall im November 1990 als Schauspieler nicht mehr arbeiten konnte und am 20. Oktober 1994 in Los Angeles an einem Herzinfarkt verstarb.

Streifzug durch die Karriere Burt Lancasters anhand von Filmplakaten