63. Filmfestival San Sebastian

Den Abschluss des Reigens der großen europäischen Filmfestivals macht alljährlich das am Golf von Biskaya gelegene San Sebastian/Donostia. Die 63. Auflage (18. – 26.9.) hat mit neuen Filmen unter anderem von Terence Davies, Alejandro Amenabar und Joachim Lafosse wieder einige Schwergewichte im offiziellen Programm, bietet daneben aber auch Festival-Highlights des Jahres sowie Retrospektiven zum unabhängigen japanischen Kino seit 2000 und dem Werk der amerikanischen "King Kong"-Regisseure Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack.

Eröffnet wird das heurige Festival mit der Weltpremiere des neuen Films von "Das Meer in mir"-Regisseur Alejandro Amenabar. Sechs Jahre nachdem er mit dem Antik-Drama "Agora" bei Publikum und Kritik Schiffbruch erlitt, darf man gespannt auf das Comeback des Spaniers sein. Mit "Regression" legt er einen auf Englisch gedrehten Psychothriller vor und dürfte damit zu seinen filmischen Anfängen mit "Tesis", "Abre les ojos" und "The Others" zurückkehren.

Hoffnungen auf eine "Goldene Muschel" kann sich Amenabar aber keine machen, denn sein Film läuft im Gegensatz zu "London Road" von Rufus Norris, der das Festival beschließt, außer Konkurrenz.

Gewohnt stark im 18 Filme umfassenden Wettbewerb vertreten sind die Spanier, die – Koproduktionen eingeschlossen – sechs Filme beisteuern. Während der Baske Asier Altuna in "Amama: When a Tree Falls" eine Familiengeschichte erzählt, steht im Zentrum von Marc Rechas "Un dia perfecte per volar" ein vom Sohn des Regisseurs gespielter Junge, dessen große Leidenschaft Lenkdrachen sind und dessen Beziehung zu seinem Vater.

Weitere neue Arbeiten aus dem spanischen Bereich kommen von Agusti Villaronga, der in "El rey de la Habana" einem Jugendlichen durch die Straßen des Havanna der späten 1990er Jahre folgt, "Truman", in dem Cesc Gay von einer Männerfreundschaft erzählt, und "Eva no duerme", in dem Pablo Aguero den Zuschauer ins Argentien kurz nach dem Tod Evita Perons entführt.

Nur produktionstechnisch teilweise Spanien zurechnen kann man den neuen Film der Französin Lucile Hadzihalilovic. Zehn Jahre nach ihrem lose auf Frank Wedekinds Erzählung "Mine-Haha oder Über die körperliche Erziehung der jungen Mädchen" beruhenden "Innocence" meldet sie sich mit "Evolution" zurück, der auf einer abgelegenen Insel spielt, auf der nur Frauen und Jugendliche leben.

Japan ist im Wettbewerb mit einem Animationsfilm von Mamoru Hosada ("The Boy and the Beast") vertreten, während aus China "Back to the North" eingeladen wurde, in dem Liu Hao von einer todkranken Frau und ihren Eltern erzählt. Gespannt sein darf man auch auf neue Filme aus Georgien, aus dem in den letzten Jahren einige starke Filme kamen ("Moira" von Levan Tutberidze), und Island ("Sparrows" von Rúnar Rúnarsson).

Einige Schwergewichte übernimmt San Sebastian wie gewohnt vom Festival in Toronto. Terence Davies mit Spannung erwarteter, am Vorabend des Ersten Weltkriegs spielender "Sunset Song" gehört ebenso dazu wie Peter Solletts "Freeheld", in dem Julianne Moore eine an Krebs erkrankte Polizistin spielt, oder Ben Wheatleys Verfilmung von JG Ballards dystopischem Roman "High-Rise".

Keine Unbekannten sind schließlich auch die Brüder Jean-Marie und Arnaud Larrieu, die mit "21 nuits avec Pattie" eingeladen wurden, sowie der Belgier Joachim Lafosse, der in "Les chevaliers blancs" vom Versuch einer französischen Hilfsorganisation erzählt, über 100 Kinder aus dem Tschad auszufliegen.

Neben dem offiziellen Programm bietet San Sebastian aber wie gewohnt in den "Pearls" Festivalhighlights des Jahres von den Cannes-Preisträgern "Son of Saul" und "Assassin" bis zu Woody Allens "Irrational Man" und Scott Coopers Venedig-Teilnehmer "Black Mass". Platz für Entdeckungen bietet die Schiene "New Directors", in der Österreich mit "Einer von uns" von Stephan Richter vertreten ist.

Zentrale Plattform ist San Sebastian aber immer auch für das spanische Kino, dessen neue Produktionen in der Reihe "Made in Spain" gezeigt werden, sowie für das lateinamerikanische Kino, in dessen neueste Werke von den Berlinale-Preisträgern "El Club" und "El boton de nacar" bis zum in Cannes viel beachteten "El abrazo de la serpiente" in der Schiene "Horizontes Latinos" Einblick geboten wird. Auch das baskische Kino findet hier mit acht Spielfilmen in der Sektion Zinemira spezielle Berücksichtigung.

Spektakuläre Sportfilme werden in der in Kooperation mit dem Red Bull Media House organisierten Schiene "Savage Cinema" gezeigt, während Filmgeschichte in den beiden Retrospektiven gepflegt wird. In der thematischen Retrospektive wird heure mit 35 Filmen ein Einblick in das unabhängige japanische Kino der letzten 15 Jahre geboten.

Die personenbezogene Retrospektive ist dagegen den US-Regisseuren Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack gewidmet, die vor allem für den ersten "King Kong"-Film (1933) berühmt sind, aber auch für den kultigen Horrorfilm "The Most Dangerous Game" (1932) oder die stummen Dokumentarfilme "Grass: A Nation´s Battle for Life" (1925) und "Chang" (1927) verantwortlich zeichnen.