51. Solothurner Filmtage

Vom 21. bis 28. Januar 2916 wird in der Schweizer Barockstadt Solothurn wieder ein Überblick über das aktuelle Schweizer Filmschaffen geboten. Die Werkschau zeigt heuer 187 kurze und lange Filme, 18 davon als Weltpremieren.

Eröffnet werden die 51. Solothurner Filmtage mit Mano Khalils Spielfilm "Die Schwalbe". Der in der Schweiz lebende syrische Kurde erzählt darin von einer jungen Schweizerin, die ins irakische Kurdistan reist, wo sie mit Terrorismus, Kriegsverbrechen und Selbstjustiz konfrontiert wird, aber auch mit der Liebe.

"Die Schwalbe" läuft als einziger Spielfilm im Wettbewerb um den mit 60.000 Schweizer Franken dotierten "Prix de Soleure". Rein zahlenmäßig beherrscht wird diese Programmschiene, die den Menschen und gesellschaftliche Fragen rund um das Zusammenleben in den Mittelpunkt stellt, von acht Dokumentarfilmen.

Während "Wie die anderen", in dem Constantin Wulff im Direct-Cinema-Stil den Arbeitsalltags in der Jugendpsychiatrie des Krankenhauses im niederösterreichischen Tulln erkundet, schon in den österreichischen Kinos lief, steht mit Werner Penzels "Zen for Nothing" in diesem Rahmen auch eine Weltpremiere auf dem Programm. Der Regisseur folgt darin mit der Kamera einer jungen Frau, die einen Winter in einem kleinen Zen-Kloster an der Westküste Japans verbringt.

Schweizer Premieren feiern in diesem Kontext der hochbrisante Dokumentarfilm "Democracy – Im Rausch der Daten", in dem David Bernet den Gesetzgebungsprozess in der EU dokumentiert und die komplexe Mächte-Architektur sowie den Zustand der Demokratie in Europa erkundet, sowie "Das Leben drehen – Wie mein Vater versuchte das Glück festzuhalten". In diesem Debüt arbeitet Eva Vitija ihre Familiengeschichte auf.

In die atemberaubende Landschaft von Grönland entführt dagegen Corina Gamma in "Sila and the Gatekeepers of the Arctic", während Eric Bergkraut in "Citizen Khodorkovsky" den russischen Geschäftsmann und Putin-Gegner porträtiert. Den Vorstellungen der Schweizer vom Jenseits und vom Paradies spürt schließlich Stéphane Goel in "Fragments du Paradis" nach und Nicolas Steiner folgt in "Above and Below" Überlebenskünstlern im und um das Spielerparadies Las Vegas.

Im Gegensatz zum "Prix de Soleure" geben im Wettbewerb um den mit 20.000 Franken dotierten "Prix du Public" die Spielfilme mit neun Produktionen den Ton an. Der Dokumentarfilm ist dagegen nur mit der Weltpremiere von "Swing it Kids" vertreten, in dem Fabian Komoto mehrere Mitglieder der Schweizer Kinderband Swing Kids bei ihren Proben, einer Japan-Tournee, aber auch beim tränenreichen Austritt aus der Band mit 18 Jahren begleitet.

Weitere Weltpremiere in dieser Programmschiene ist "Welcome to Iceland", in dem Felix Tissi von einer seltsamen Zwangsgemeinschaft im einsamen isländischen Hochland erzählt. Europapremiere feiert Stefan Jägers "Der große Sommer", in dem der im April 2015 verstorbene Matthias Gnädinger als zurückgezogen lebender, alter Schwingerkönig überraschend mit einem Jungen nach Japan reisen muss.

Ein jugendliches Paar steht dagegen im Zentrum von Guillaume Senez Debüt "Keeper", in dem einfühlsam von einer Elternschaft im Teenageralter erzählt wird. Ein starkes Langfilmdebüt gelang auch Eisen Isik, die in "Köpek" anhand von drei lose verbundenen Geschichten aus Istanbul einen beklemmenden Eindruck in die patriarchale türkische Gesellschaft gibt.

Aber auch bekannte Namen finden sich mit Greg Zglinksi, der als Weltpremiere den in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundertes spielenden "Le temps d´Anna" präsentiert, in dem es um eine leidenschaftliche Liebe eines Neuenburger Uhrmachers geht, und Ruxandre Zenide, die in "Le miracle de Tekir" von einer wunderbaren jungfräulichen Empfängnis im Donaudelta erzählt.

In den Schweizer Alpen wiederum spielt "Nichts passiert", in dem sich Devid Striesow während eines Schiurlaubs mit seiner Familie in ein Netz aus Lügen und Halbwahrheiten verstrickt, während in Michael Krummenachers "Sibylle" eine Architektin, Mutter und Ehefrau den Blick auf ihr eigenes Leben verändert. Weltpremiere feiert in diesem Rahmen Michael Schaerers "Lina", in dem ein 40-jähriger Mann seine Mutter besucht, die ihn einst nach seiner Geburt weggegeben hat.

Das Herzstück der Werkschau stellt die Sektion "Panorama Schweiz" dar, die einen Jahresrückblick auf Schweizer Produktionen aller Genres und Längen zeigt, aber auch neue Filme präsentiert. Weltpremieren feiern hier unter anderem "Offshore – Elmer und das Bankgeheimnis", in dem Werner Schweizer die brisante Geschichte des Whistleblowers Robert Elmer aufrollt, oder "Melody of Noise", in dem Gitta Gsell allem und jedem einen Klang entlockt.

In der Programmschiene "Upcoming" zeigen junge Talente ihre kurzen Filme, während in der Sparte "Histoires du Cinéma Suisse: Berg-Experimente" experimentelle Filme vorgestellt werden, die einen Kontrapunkt zum klassischen Bergfilm setzen.

Die "Rencontre" ist heuer der Schauspielerin Ursina Lardi gewidmet, von der zwölf Filme von Angela Schanelecs "Mein langsames Leben" (2001) bis zur Uraufführung von Andreas Kleinerts "Sag mir nichts" (2016) gezeigt werden. Lardi wird ihre Filme auch persönlich vorstellen und mit Weggefährten wie Devid Striesow über ihre Arbeit sprechen.

Gedacht wird auch des 2014 verstorbenen Peter Liechti, dessen letztes und unvollendetes Werk "Dedication", das eine von Yves Netzhammer inszenierte Installation umfasst, drei Tage in Solothurn gezeigt werden wird.

Neu geschaffen wurde die Sektion "Beyond Borders", die den Blick über die Landesgrenzen hinaus weiten und die Vernetzung mit der europäischen Filmbranche stärken soll. In diesem Rahmen finden einerseits Diskussionen europäischer Filmkritiker und Filmkritikerinnen über ausgewählte Schweizer Filme statt, andererseits präsentieren sich vier europäische Festivals mit Höhepunkten ihres letzten Programms.

Zum elften Mal wird in Solothurn auch der "Prix Pathé" für herausragende filmjournalistische Arbeiten verliehen. Heuer geht die mit 10.000 Franken dotierte Auszeichnung im Bereich Printmedien an Pascal Blum für sein im Zürcher Tagesanzeiger erschienenes Porträt des Filmemachers Christian Schocher sowie im Bereich Elektronische Medien an Raphaele Bouchet für ihre auf Espace 2 gesendete Rezension von Lionel Baiers Tragikomödie "La vanité".

Trailer zu den 51. Solothurner Filmtagen