42. Festival des Iberoamerikanischen Films im spanischen Huelva

20. November 2016
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Das Casa Colón und der dortige Park wurden wieder schön herausgeputzt und mit Plakaten und Fahnen geschmückt, ansonsten deutet in der Stadt, von der aus Columbus vor 524 Jahren in See stach, wenig auf das Festival hin. Immerhin hat man es unterlassen, die Vorführungen wieder im gesichtslosen Einkaufszentrum Avalón abzuhalten und so wurden das Stadttheater "Gran Teatro" und die Kongresshalle "Las Cocheras" zu den Festivalkino erhoben. Das Programm war überschaubar und nur selten hatte man die Qual der Wahl.

Ein Schwerpunkt mit sechs Filmen galt Kuba. Auch im Wettbewerb war Kuba mit dem berührenden Film "Esteban", in dem ein hochbegabter neunjähriger Junge Klavierspielen lernen möchte, vertreten. Neben dem Wettbewerb gab es auch Kurzfilme, regionale andalusische Produktionen und ein Programm mit Werken junger Regisseuren. Neu war dieses Jahr, dass auch Dokumentarfilme in der Sparte Langfilm zugelassen waren.

Beeindruckend war der an den Neorealismus erinnernde mexikanische Beitrag "Tamara y la catarina" von Lucía Carreras. Darin geht es um eine geistig behinderte Frau, die aus Einsamkeit ein unbeaufsichtigtes Baby stiehlt, sich aber der Konsequenzen nicht bewusst ist. Die rechtmäßigen Eltern zu finden ist danach nicht einfach. Der Film zeigt ungeschminkt die soziale Realität in einem Elendsviertel. Er erhielt mehrere Preise, darunter den Silbernen Columbus für die beste Regie und jenen für die besten weiblichen Darstellerinnen.

Sehr spannend ist "Garantia personal" von Rodrigo Rivas Jiménez. Im Gewand eines Krimis erzählt Jiménez von der Insolvenz eines Architekten, die eine Kette fataler Ereignisse auslöst, in die zufällig ein Stadtpolizist verwickelt wird. Der Film spiegelt die tiefe ökonomische und soziale Krise Spaniens.

Ähnlich angelegt ist auch der Thriller "Era el cielo" von Marco Dutra. Eine Frau wird im eigenen Haus von zwei Männern, die sie offenbar kannte, vergewaltigt, doch sie schweigt beharrlich. Ihr Mann, der kurz Zeuge des Verbrechens wurde, aber nicht eingreifen konnte, greift nun zur Selbstjustiz und tötet die Täter. Hier errang der männliche Hauptdarsteller den begehrten Preis.

Heiter und dennoch sinnreich ist "Malcriados" von Felipe Martinez Amador. Ein Millionär erkennt nach einem Herzinfarkt, wie seine drei erwachsenen Kinder ihn ruinieren und noch nie gearbeitet haben. Er inszeniert eine Polizeirazzia, eine Insolvenz und flüchtet mit den Kindern in die Slums, wo sie erstmals das normale Leben, aber endlich auch wahre Freunde kennen lernen.

Originell fand ich das Sexualdrama "Los Modernos" von Marcela Matta und Mauro Sarser aus Uruguay. Darin geraten sechs Intellektuelle aus Montevideo und Buenos Aires durch ihre Promiskuität in unglaubliche Verwicklungen, als eine lesbische Frau nach dem Sex mit der Protagonistin schwanger wird.

Den Goldenen Columbus gewann ein kolumbianischer Dokumentarfilm über den Stadtguerrillero Carlos Pizarro Leongómez, der zu den Frühzeiten des Bürgerkrieges in Kolumbien Frieden schließen und als normale politische Partei kandidieren wollte, er wurde in einem Flugzeug auf mysteriöse Weise erschossen. Erst 30 Jahre später wurde er exhuminiert, um die tödliche Kugel zu identifizieren.

Der brasilianische Doc über das Cinema Novo Brasiliens verdiente zu recht den Preis für beste Technik, wurden doch manche der 130 Szenenausschnitte perfekt restauriert und erstrahlten brillant wie nie zuvor, ebenso in Raumton. Norbert Fink


42. Festival des Iberoamerikanischen Films
11. bis 20. November 2016