15 oder Pubertier sein

14. Mai 2016 Bernhard Sandbichler
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Vulkanöse Talgdrüsen, überschießende Hormone, fremdgesteuertes Chaos: Das Arschloch, das dafür verantwortlich ist, heißt Pubertät - eine peinliche Sache für jede/n, die von außen heftig kommentiert wird. Melanie Mühl und Jan Weiler tun es auch, aber anders.

  • Achse 1: Diagnose
    Die Jugend sei spielsüchtig (Smartphone), shopping- und pornoversaut (Konsum), unambitioniert (Spaß), verantwortungsscheu (Hotel Mama); alles Egotaktiker, Selfies, Schlaffis, Angepasste und Prokrastinateure.
     
  • Achse 2: Prognose
    Wohin das führt? Führt das überhaupt wohin? Als was entpuppt sich das? Man weiß es nicht und will es nicht wissen. Dabei war es immer schon so. Und ist irgendwann vorbei.
     
  • Achse 3: Entwicklung
    Unkoordiniertes Wachstum, ranzige Ausdünstung, schwitzende Geschlechtsreife kommen unmerklich (denn gewachsen, ausgedünstet, gereift wurde auch schon vorher), sind dann aber unüberseh-, unüberriech-, unüberbrückbar.
     
  • Achse 4: Intelligenz
    Aus Pubertierenden wird man nicht klug, aber umgekehrt gilt das Gleiche.
     
  • Achse 5: Körper
    Schönsein, Unten ohne, Magersucht sind weiblich, Joints männlich. Nicht nur freilich. Sind Buben auch mädelig und Mädchen auch bubig?
     
  • Achse 6: Psyche
    Fragen, die keiner beantwortet, verbessern nicht unbedingt das seelische Gleichgewicht. Das heißt nicht, dass man sie von sich aus gegenüber Pubertierenden stellen sollte. Bitte nicht!
     
  • Achse 7: Alltag
    Bedingungsloses Verständnis - und damit meint Jan Weiler nicht Haltungslosigkeit, sondern die Bereitschaft, die Sorgen Jugendlicher ernst zu nehmen - sind hilfreich für die Nahbeziehung. Die Chimären der Medienwelt entfernen einen vom Objekt, das man selbst einmal war.
     

Melanie Mühl: 15 sein. Was Jugendliche heute wirklich denken. München: Carl Hanser Verlag 2016, 222 Seiten, EUR 19,50

Jan Weiler: Im Reich der Pubertiere. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag 2016, 173 Seiten, EUR 12,40