Im 11. Jahr gehört das Zurich Film Festival schon zu den Fixpunkten im jährlichen Festivalkalender. Mit Galapremieren und Ehrenpreisen locken die Festivalleiter Nadja Schildknecht und Karl Spoerri vom 24. September bis 4. Oktober wieder zahlreiche Stars an die Limmat, während man in den Wettbewerben auf spannende Entdeckungen hoffen darf.
Jedes Festival zeichnet sich durch eine bestimmte Linie aus. Auch das ZFF hat diese in den letzten Jahren mit dem Mix aus Galapremieren "großer Filme" und Wettbewerb für Newcomer, Blick auf spezielle Filmnationen wie heuer den Iran und seinen Preisverleihungen, die Stars anlocken, gefunden.
Da ist zunächst mal wieder das Programm der Galapremieren attraktiver Filmen, die von anderen Festivals wie Cannes, Venedig oder Toronto an die Limmat kommen und teilweise bald nach diesen Festivalehren in den Schweizer Kinos anlaufen werden. Zu dieser Schiene gehört auch der Eröffnungsfilm "The Man Who Knew Infinity", in dem Matthew Brown vom Leben des indischen Mathematik-Genies Srinivasa Ramanujan erzählt.
Der Bogen der Galapremieren spannt sich von Denis Villeneuves Drogenthriller "Sicario" über Scott Coopers Gangsterfilm "Black Mass", Todd Haynes Highsmith-Verfilmung "Carol" und Robert Zemeckis "The Walk" bis zu Stephen Frears "The Program", in dem der Brite vom großen Aufstieg und tiefen Fall des Radprofis Lance Armstrong erzählt.
Komödien fehlen hier mit "Mistress America", bei dem Noah Baumbach nach "Frances Ha" wiederum mit seiner Lebenspartnerin Greta Gerwig zusammenarbeitete ebensowenig wie mit Frederick Wisemans "In kackson Heights" ein neuer Dokumentarfilm des Großmeisters des Direct Cinema.
Die Amerikaner geben bei den Galapremieren zwar den Ton an, doch fehlen mit dem französischen Drama "Mon roi", mit "Colonia", in dem Florian Gallenberger den Zuschauer in die Zeit des chilenischen Militärputsches durch Pinochet versetzt, oder Isabella Stevers "Das Wetter in geschlossenen Räumen" auch europäische Produktionen nicht.
Auch der Schweizer Film ist außer Wettbewerb mit vier Produktionen stark vertreten. Sabine Gisiger zeichnet in ihrem Dokumentarfilm "Dürrenmatt – Eine Liebesgeschichte" ein Porträt des großen Schriftstellers, während Adrien Bordone und Bastien Bösiger in ihrem Dokumentarfilm "Apres l´hiver" vier Jugendliche auf ihrer Suche nach einer Lehrstelle mit der Kamera begleiten.
Ein Spielfilm ist dagegen "Verdacht", in dem Sabine Boss von einem Gymnasiallehrer erzählt, der des Missbrauchs verdächtigt wird. Und schließlich wird auch die frisch restaurierte Fassung von Leopold Lindtbergs 1944 gedrehtem "Marie-Louise" präsentiert, in dessen Mittelpunkt ein französischen Mädchen steht, welches während des Zweiten Weltkriegs vom Roten Kreuz für ein halbes Jahr in die Schweiz geholt wird, um sich von den Kriegsstrapazen zu erholen.
Nicht nur mit Galapremieren lockt man aber in Zürich Stars auf den hier nicht roten, sondern grünen Teppich, sondern auch mit der Vergabe von Preisen. Der Golden Icon Award geht heuer an die "steirische Eiche" Arnold Schwarzenegger. Mit dem Golden Eye Award wird der kanadische Schauspieler Kiefer Sutherland ausgezeichnet, der dabei auch seinen neuen Film "Forsaken" (Regie: Jon Cassar) vorstellen wird.
Der Lifetime Achievement Award wiederum geht heuer an den deutschen Schauspieler Armin Mueller-Stahl, der im Anschluss an die Preisverleihung am 28. September Jim Jarmuschs Episodenfilm "Night on Earth", in dem er einen New Yorker Taxilenker spielt, selbst vorstellen wird.
Ort für Entdeckungen bieten dagegen die drei Wettbewerbe, die Newcomern vorbehalten sind. 15 Filme konkurrieren im Rahmen "Internationaler Spielfilm" um das mit 25.000 Schweizer Franken dotierte Golden Eye. Die isländische Oscar-Nominierung "Hrútar - Rams" (Regie: Grímur Hákonarson) findet sich hier ebenso wie die beim Festival von Venedig viel beachteten Filme von Thomas Lindholm ("Krigen - War") und Gabriel Mascaro ("Boi Neon – Neon Bull").
Weltpremiere feiern in diesem Kontext zwei Schweizer Filme. Während Ruxandra Zenide in ihrem im Donaudelta spielenden "Miracolui din Tekir – The Miracle of Tekir" von einer jungen Frau erzählt, die auf mysteriöse Weise schwanger wird, handelt Micha Lewinskys "Nichts passiert" von einem Mittvierziger, der sich auf einem Skiurlaub in ein Netz von Lügen verstrickt.
Ebenfalls um ein mit 25.000 Schweizer Franken dotiertes Golden Eye geht es im Wettbewerb "Internationaler Dokumentarfilm", in dem zwölf Filme konkurrieren. Ein Blick auf zwölf US-Marines, die nach einem Afghanistan-Einsatz auf Heimaturlaub sind ("Killing Time – Entre deux fronts" von Lydie Wisshaupt-Claudel) wird hier ebenso geboten wie eine Erkundung der Beziehung zwischen Mutter und Kind ("Aidin toive – Mother´s Wish" von Joonas Berghäll).
Luke Meyer dokumentiert in "Breaking a Monster" die Beziehung zwischen drei musikbegeisterten Teenagern und ihrem charismatischen Manager, während Robb Moss und Peter Galison in "Containment" den Zuschauer mitnehmen auf eine Reise 650 Meter unter die Erde ins US-Atommüll-Endlager nach New Mexico, aber auch nach Fukushima und in die verseuchte Gegend am Savannahfluss in Südkalifornien.
Weitere zwölf Produktionen laufen schließlich in dem den deutschsprachigen Ländern vorbehaltenen Wettbewerb "Fokus", dessen Hauptpreis mit 20.000 Schweizer Franken dotiert ist. Florian Cossens herrlich frische Coming-of-Age-Tragikomödie "Coconut Hero" kann man hier ebenso entdecken wie den Dokumentarfilm "Fang den Haider", in dem Nathalie Borgers ein Porträt des 2008 verstorbenen rechtspopulistischen österreichischen Politikers Jörg Haider zeichnet.
Einen spannenden Blick auf das aktuelle iranische Kino öffnet die Schiene "Neue Welt Sicht: Iran" mit 13 langen Filmen und einem Kurzfilmprogramm. Unter anderem stehen hier auch Sina Atacian Denas in Locarno preisgekrönter "Ma dar Behesht - Paradise" und Shahram Mokris in einer einzigen Einstellung gedrehter "Mahi va gorbeh - Fisch & Cat" auf dem Programm.
Neu geschaffen wurde die Sparte "Window to the World", in der in Zusammenarbeit mit den Partnerfestivals von San Sebastian und Hongkong in drei Fenstern eine Auswahl von Filmen aus Hongkong und Asien, aus Spanien und Lateinamerika sowie des neuesten, feminin geprägten französischen Autorenfilms gezeigt wird.
Mit einer Retro und einem Tribute geehrt wird schließlich der britische Regisseur Mike Leigh, der ebenso wie Todd Haynes, Jean-Jacques Annaud und der US-Produzent Harvey Weinstein in Zürich Master-Classes abhalten wird, in denen sie Einblick in ihr Schaffen gewähren werden. Und auch an die Kinder hat man beim ZFF gedacht und speziell für diese Zuschauergruppe ein Programm mit fünf Filmen zusammengestellt.
Trailer zum 11. Zurich Film Festival