Wiederaufnahme "Der Schaum der Tage" von Edison Denisov an der Oper Stuttgart
Zu einem bewegenden Grenzgang zwischen Neuer Musik, Oper, Jazz und Musical lädt die bevorstehende Wiederaufnahme einer wahren Opernrarität ein: "Der Schaum der Tage" (L‘Écume des jours) des 1929 in Sibirien geborenen Komponisten Edison Denisov nach dem gleichnamigen Roman von Boris Vian kehrt am Freitag, 14. Juli 2017, um 19.30 Uhr auf die Stuttgarter Opernbühne zurück.
Das Werk, das seit seiner Uraufführung im Jahr 1986 an der Pariser Oper nur wenige Male inszeniert wurde, feierte an der Oper Stuttgart im Dezember 2012 in der Regie von Jossi Wieler und Sergio Morabito und unter der Musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Sylvain Cambreling ihre umjubelte Premiere. In Stuttgart erklang das Lyrische Drama erstmals in ihrer integralen französischen Originalgestalt ohne jegliche Striche.
Die Oper "Der Schaum der Tage" basiert auf dem Roman "L"Écume des jours" von Boris Vian, dem skandalumwitterten französischen Jazzer, Chansonnier, Schauspieler und Autor. Dessen surrealistisch verfremdete und zwischen Lyrik und absurdem Theater, Groteske und Tragödie changierende Liebesgeschichte aus dem Jahr 1946 wurde in den 1960er/70er Jahren zum Kultbuch einer ganzen Generation junger Leser. Als dem frankophilen Komponisten Edison Denisov, einem der unabhängigsten und kreativsten musikalischen Köpfe der Sowjetunion und wichtigen Vermittlern der westlichen Avantgarde, Boris Vians Roman in die Hände fiel, verspürte er sogleich das Bedürfnis, ja "die Notwendigkeit", über dieses Sujet eine Oper zu schreiben. Er selbst arbeitete den Roman zum Libretto seiner gleichnamigen Oper um.
"Der Schaum der Tage" erzählt die berührende Geschichte um den jungen, wohlhabenden Colin, der mit seinen Freunden ein unbeschwertes Leben zu genießen scheint und gleichwohl von Angst und Einsamkeit bedrängt wird. Als er auf einer Party die bezaubernde Chloé kennenlernt und wenig später heiratet, scheint sein Glück vollkommen. Doch schon bald diagnostiziert Dr. Mangemanche in Chloés Lunge eine lebensbedrohliche Seerose. Um sie abzutöten, muss Chloé ständig von Blumen umgeben sein. Die Blumen treiben Colin in den finanziellen Ruin; dennoch zögert er nicht, für seine geliebte Chloé durch die Hölle zu gehen.
Edison Denisov stellte seine Protagonisten Colin und Chloé auf eine Stufe mit mythischen Liebespaaren wie Tristan und Isolde, Romeo und Julia oder Pelléas und Mélisande. Die melodisch beseelten Opernszenen sind teils mit musicalnahen Chor- und Chansoneinlagen, teils mit Zitaten der Jazzlegende Duke Ellington durchsetzt. Liturgische A-Cappella-Chöre sowie eine starke Präsenz von Glockenklängen verbinden Denisovs Oper zudem mit der Tradition des orthodoxen Kirchengesangs. Der mit allen konstruktiven Finessen des Serialismus virtuos, frei und souverän spielende Komponist verdichtet den kammermusikalisch-filigran aufgefächerten, um den Klang zweier Saxophone und eines reichen Schlagzeug- und Tasteninstrumentariums erweiterten Orchesterapparat immer wieder zu intensiven sinfonischen Aufschwüngen.
Vorstellungen:
14. | 17. | 20. | 22. | 26. Juli 2017