Eine abenteuerliche Orient-Expedition

In einer einzigartigen Ausstellung zeigt das Kölnische Stadtmuseum kunstvolle Aquarelle von heute längst versunkenen altägyptischen und nubischen Tempeln. Die von einem jungen Kölner zwischen 1818 und 1819 angefertigten Zeichnungen und die darauf beruhenden Kupferstiche entführen die Besucher in eine geheimnisvolle Zeit, in der die Entdeckung Ägyptens und Nubiens gerade erst begonnen hatte.

Obwohl in Köln eine Straße nach ihm benannt wurde, ist Franz Christian Gau (1789-1853) heute in Deutschland fast vollständig in Vergessenheit geraten. In der Kölner Altstadt als Sohn eines kleinen Händlers geboren, studierte der zeichnerisch talentierte junge Mann seit 1810 Architektur in Paris. 1818 bekam er die Gelegenheit, nach Ägypten zu reisen. Das Land zog damals das Interesse vieler europäischer Gelehrter und Abenteurer auf sich. Napoleons Ägypten-Expedition 1798-1801 hatte in Europa eine wahre "Ägyptomanie" ausgelöst.

Gaus Ziel war Nubien südlich des ersten Nilkatarakts, eine Region im heutigen Ägypten, die über die Grenzen des Landes hinaus in den Sudan reicht. Bis hierhin war selbst Napoleon mit seinen Soldaten nicht vorgedrungen. Während seiner abenteuerlichen Expedition untersuchte Gau unter anderem die heute weltbekannten Tempel von Abu Simbel. Zwar hatte der Schweizer Jean Louis Burckhardt diese Tempel bereits 1813 entdeckt, doch Franz Christian Gau war der Erste, der das Innere des großen Tempels bei Fackellicht genau erforschte und exakt dokumentierte.

Nach einer Reise ins Heilige Land und einem kurzen Aufenthalt in seiner Heimatstadt Köln zog Gau 1820 zurück nach Paris – im Gepäck seine reich gefüllten Skizzenbücher. In Paris arbeiteten die besten Kupferstecher für sein Nubienwerk, das neben Humboldts "Reisewerk" und Boisserées "Domwerk" eine der letzten großen europäischen Kupferstichedition werden sollte.

In Wien fertigte der Maler Norbert Bittner in den 1830er Jahren Aquarelle nach Gaus Kupferstichen. Ohne selbst je in Ägypten gewesen zu sein, steigerte er diese Bilder zu theatralischen Ansichten aus einem exotischen Land – und bediente damit die rege Nachfrage nach Bildern aus dem Orient. Wenig später reisten die ersten Fotografen in die Region. Auch sie reproduzierten zunehmend Bilder, die dem Geschmack der wachsenden Zahl an Touristen in Äypten entsprachen. Was Gau und andere Pioniere mit exakten Aufnahmen antiker Tempel begonnen hatten, erstarrte zum Klischee, das bis heute nachwirkt.

Die Ausstellung präsentiert Zeichnungen und Aquarelle, die Franz Christian Gau während seiner abenteuerlichen Orient-Expedition angefertigt hat. Die Zeichnungen galten als verschollen, konnten aber 1999 in Wien aufgefunden werden. Hinzu kommen prächtige, teils handkolorierte Kupferstiche aus seinem Nubienwerk. Seine Arbeiten sind heute für die Forschung von unschätzbarem Wert: Das Gebiet, das Gau beschrieb, versank 1970 im Wasser des Assuan-Staudamms. Nur wenige der von ihm gezeichneten Tempel und Bauten– wie Abu Simbel – wurden mit Hilfe der UNESCO an anderer, höherer Stelle wieder aufgebaut, oder Museen übergeben.

Ergänzt wird die Ausstellung durch frühe Fotografien aus dem Orient, die einen spannenden Einblick in die Entwicklung unseres Orient-Bildes bieten. Selten ausgestellte Objekte aus dem Rautenstrauch-Joest-Museum und dem Römisch-Germanischen Museum illustrieren die damalige Götterwelt, das Geheimnis der Hieroglyphen, den Mumienkult und den Alltag der alten Ägypter.

Die abenteuerliche Orient-Expedition des Kölners Franz Christian Gau 1818 - 1820
9. März bis 26. Mai 2013