Neue Filme von Cronenberg, Sayles und Weingartner

19. September 2007
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Nach Cannes, Venedig und Berlin gehört das Filmfestival im spanisch-baskischen San Sebastian/Donostia (20. – 29.9.) zu den wichtigsten europäischen Veranstaltungen dieser Art. Die ganz großen Namen werden zwar an den Lido von Venedig gelockt, doch mit neuen Filmen von John Sayles, Hans Weingartner, David Cronenberg und Michael Radford ist der Wettbewerb attraktiv besetzt und daneben gibt’s mehrere zusätzliche Programmschienen.

Nur unwesentlich jünger als die Festivals von Berlin, Cannes oder Locarno ist das Filmfestival von San Sebastian, das, 1953 gegründet, heuer zum 55. Mal stattfindet. Was für Cannes die Croisette, für Locarno die Piazza Grande und für Venedig der Lido, das ist für San Sebastian die Bucht "La Concha" am Golf von Biskaya. Statt Palmen, Löwen oder Leoparden wird in diesem spanischen Seebad folglich auch eine "Goldene Muschel" als Hauptpreis vergeben.

Große Weltpremieren an die iberische Atlantikküste zu locken scheint allerdings schwierig. Zu dicht gedrängt ist der Festivalkalender gerade zu dieser Jahreszeit und einige Filme, die nicht nach Venedig eingeladen wurden, laufen noch kurz vor San Sebastian im kanadischen Toronto beim größten nordamerikanischen Filmfestival. Die letzte Exklusivität fehlt somit der Veranstaltung von San Sebastian vielleicht, auf Qualität und in den Nebenreihen auch interessante Entdeckungen darf man aber hoffen.

Zu den Favoriten im Wettbewerb zählen unter den 16 Filmen ganz sicher der Amerikaner John Sayles, der mit "Honeydripper" nach "Lone Star", "Passion Fish" oder "Silver City" seinen Panoramas der US-amerikanischen Gesellschaft ein weiteres Mosaiksteinchen hinzufügen dürfte. Immer gut für einen verstörenden Thriller ist der Kanadier David Cronenberg, mit dessen "Eastern Promises" das Festival eröffnet wird.

Weltkino wird insgesamt im Wettbewerb geboten, klarer geographischer Schwerpunkt lässt sich nicht feststellen. Dass das Gastgeberland und Lateinamerika in San Sebastian im Hauptbewerb vertreten sind, versteht sich fast von selbst. Iciar Bollain ("Te doy mis oyos") legt mit "Mataharis" einen Frauenfilm vor, der von vier Privatdetektivinnen handelt, Gracia Querejeta erzählt in "Siete meses de billar francés" eine Familiengeschichte. Lateinamerika ist mit zwei Produktionen ("Encarnación", dem zweiten Spielfilm des Argentiniers Anahí Berneri, und der chilenisch-uruguyanisch-argentinischen Koproduktion "Matar a todos" von Esteban Schroeder) vertreten.

Nachdem "Die fetten Jahre sind vorbei" im Wettbewerb von Cannes liefen, darf Hans Weingartner seinen neuen Film nun in San Sebastian präsentieren. Mit "Free Rainer" bringt der Vorarlberger eine Mediensatire an die spanische Atlantikküste. Weitere Konkurrenten im Kampf um die "Goldene Muschel" sind die Iranerin Hana Makhmalbaf, deren - wer dabei aus der filmenden Makhmalbaf-Familie freilich wirklich Regie führte, bleibt im Dunkeln - "Buddha Collapsed Out of Shame" um die zerstörten Buddha-Statuen im Bamyan-Tal spielt, sowie der schon beim Sundance Festival ausgezeichnete Neo-Noir "Our Father" des Amerikaners Christopher Zalla.

Werden in der Sparte "Pearls" schon auf anderen Festivals viel beachtete Filme wie Barbet Schroeders Dokumentarfilm "L´avocat de la terreur" oder Julian Schnabels "Le scaphandre et le papillon" gezeigt, so präsentiert die Sektion "Zabaltegi – New Directors" wie der Name schon sagt Newcomer. Deutschland ist hier mit Felix Randaus "Die Anruferin" vertreten.

Den Fokus auf Lateinamerika legt die Programmschiene "Horizontes Latinos", in deren Rahmen 18 Filme, darunter der schon beim Filmfestival Innsbruck gezeigte "L´antena" gezeigt werden, während in der Reihe "Made in Spain" 15 neue spanische Filme vorgestellt werden.

Auch die Filmgeschichte kommt mit zwei Retrospektiven nicht zu kurz. Die personenbezogene Retro ist dem amerikanischen Regisseur Henry King gewidmet, die thematische dem skandinavischen Kino seit 1995, das mit 38 Filmen vorgestellt wird.