Crossing Europe 2013: Das Jubiläumsprogramm des Linzer Filmfestivals

23. April 2013
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In neun Jahren hat sich das Linzer Filmfestival Crossing Europe (23. - 28. April) zu einem Fixpunkt im europäischen Festivalkalender entwickelt. Auch im Jubiläumsjahr fokussiert das von Festivalleiterin Christine Dollhofer und ihrem Team zusammengestellte Programm von 162 Filmen wieder auf dem jungen europäischen Autorenfilm, aber auch das lokale Filmschaffen wird gepflegt und die "Nachtsicht" bietet mit europäischen Genrefilmen wieder ein Kontrastprogramm.

Wie gewohnt eröffnet Crossing Europe auch heuer mit mehreren Filmen, um auf die unterschiedlichen Programmsektionen einzustimmen. Die Westschweizerin Ursula Meier, der das Festival 2009 ein Tribute widmete, zeigt ihr meisterhaftes, schon letztes Jahr bei der Berlinale preisgekröntes Drama "L´enfant d´en haut" ("Winterdieb"). Im Wettbewerb der heurigen Berlinale lief dagegen "Layla Fourie" der zweimaligen Crossing-Europe-Siegerin Pia Marais. Atmosphärisch dicht evoziert die gebürtige Südafrikanerin in diesem Drama um eine alleinerziehende Mutter das Klima der Angst und Unsicherheit, das im Südafrika von heute herrscht, verschenkt das Potential des Films dann aber durch die allzu konstruierte Handlung.

Die vom Filmjournalisten Markus Keuschnigg kuratierte Programmschiene "Nachtsicht" startet mit dem Episodenfilm "The ABC´s of Death", für den renommierte Horrorspezialisten 26 Miniaturen schufen. Das Tribute widmet Crossing Europe heuer dem jungen polnischen Film- und Theaterregisseur Przemyslaw Wojcieszek, der im Eröffnungsfilm "Sekret" ("Secret") den Versuch eines jungen Performancekünstlers nachzeichnet, den geliebten Großvater mit Familiengeheimnissen im Zweiten Weltkrieg zu konfrontieren.

Mit einer der 32 Weltpremieren des Festivals wird schließlich die Reihe "Local Artists" eröffnet. Mit "Innere Blutungen" liefern Anatol Bogendorfer und Florian Sedmak laut Presseaussendung des Festivals in einem assoziativ montierten Bilderstrom ein vielschichtiges Panorama (ober)österreichischer Zeitgeschichte.

Im Wettbewerb um den mit 10.000 Euro dotierten Crossing Europe Award konkurrieren heuer acht Langfilmdebüts und ein zweiter Langfilm. Schon 2009 war Aida Begic mit ihrem Debüt "Snow" im Wettbewerb von Crossing Europe vertreten. In ihrem neuen Film "Children of Sarajevo" erzählt Begic vom Alltag in ihrer Heimatstadt Sarajewo und den Traumatisierungen durch den Krieg. Die Konkurrenz verspricht mit zwei griechischen, einem slowakisch-tschechischen, einem schwedischen, einem spanischen, einem türkischen und zwei britischen Filmen große Vielfalt.

Ist der Wettbewerb Newcomern vorbehalten, so wartet die Programmsektion "European Panorama Fiction" mit einigen großen Namen auf. Der Brite Michael Winterbottom zeigt hier ebenso seinen neuen Film "Everyday" wie Matteo Garrone seine TV-Satire "Reality", die Türkin Yesim Ustaoglu "Araf – Somewhere in Between" oder der Ukrainer Sergei Loznitsa seinen ungewöhnlichen, teilweise mit Tarkowskis "Ivans Kindheit" verglichenem Kriegsfilm "In the Fog".

Auch auf das Angebot der Sektion "European Panorama Documentary" darf man sich freuen. Mit "Gegenwart" gibt es hier einen neuen Film von Thomas Heise ebenso zu sehen wie neben anderen Philip Scheffners hochgelobten "Revision" und Peter Liechtis "Vaters Garten – Die Liebe meiner Eltern".

Die Sektion "Arbeitswelten", die heuer unter dem Motto "Vom Scheitern der Strukturen" steht, zeigt fünf Filme, und unter dem Titel "Play it again" werden fünf Filme aus den letzten Festivaljahren präsentiert, die das Publikum zu seinen Lieblingen gekürt hat. Auf "Orte im Abseits" wird anhand von sechs Filmen in den "Randlagen" geblickt und mit der umfangreichen Schiene "Local Artists" wird auch dem lokalen Filmschaffen eine gute Möglichkeit geboten, sich einem internationalen (Fach)publikum zu präsentieren.

Unterhaltsames Kontrastprogramm zu den vermutlich zahlreichen schwergewichtigen und ernste Themen ansprechenden Filmen bietet wieder die Reihe "Nachtsicht", die neue europäische Genrefilme vorstellt. Der Bogen spannt sich dabei von der litauischen Science-Fiction-Fantasie "Aurora - Vanishing Waves" (Regie: Kristina Buožytė) über Quentin Dupieuxs völlig durchgeknallten "Wrong" bis zu "Hellfjord", einer norwegischen Variante von "Twin Peaks".

Insgesamt scheint so auch für das heurige Programm das Prädikat "handverlesen" zu gelten. Auf Mainstream-Ware wird weiterhin konsequent verzichtet, dafür wird Filmen abseits der ausgetretenen Pfade eine Plattform geboten. Spannend macht diese konsequente Programmierung dieses Festivals, weckt Vorfreude und lässt auf einen guten Jahrgang hoffen.

Trailer von Crossing Europe 2013