Autoarchive Reloaded

Die Ausstellung "Autoarchive Reloaded" versammelt Arbeiten, welche private Archive auf vielschichtige Weise aktivieren. Sie werden geöffnet, erweitert, manipuliert und sichtbar gemacht und somit in künstlerische Arbeiten übersetzt.

Die Künstlerinnen Om Bori, Veronika Burger und Christina Werner dekonstruieren Archive, setzen sie neu zusammen, machen mögliche Leerstellen produktiv. Durch diesen Prozess wandelt sich das Archiv vom passiven Wissensspeicher zum aktiven Produktionswerkzeug, zu einer unabgeschlossenen, sich ständig erweiternden Struktur, die nicht zwischen Dokumentation und Fiktion unterscheidet. Das Archiv selbst erhält eine Körperlichkeit, die produziert und reproduziert, erinnert und vermittelt, übersetzt und dokumentiert – performt.

Die Drei-Kanal-Videoinstallation "Maria-Josefin-Margarete" der Medienkünstlerin Om Bori zeichnet Episoden und prägende Erlebnisse aus den Biografien dreier Frauen nach, die generationenübergreifend miteinander verbunden sind: Bei Maria, Jozefin und Margit handelt es sich um die Großmutter, Urgroßmutter und Großtante der Künstlerin. Auch wenn sie zu verschiedenen Zeiten und an unterschiedlichen Orten lebten, so teilten sie doch die Erfahrung von Krieg und Flucht und die Herausforderungen, mit denen sich Frauen über die Zeiten hinweg konfrontiert sahen. Darüber hinaus sind die Schicksale der drei Frauen vor allem durch ihren Bezug zur Donau miteinander verflochten; und so zieht sich das Wasser wie ein roter Faden durch die Erzählung. Die Videoarbeit befragt wie unser Erinnern funktioniert, wie es sichtbar gemacht, übersetzt und weitergegeben werden kann und wie sich eine persönliche, individuelle Geschichte zu einem größeren Narrativ verhält.

Om Bori (geboren 1987), lebt und arbeitet als Medienkünstlerin in Berlin. Bori wird von der Galerie "MyMuseum" in Budapest vertreten. www.mymuseum.co

Veronika Burgers bestehende Arbeit ist Teil eines langfristigen künstlerischen Forschungsprojekts. Diese besteht aus einer Videoinstallation "Looks like she is in the pink" und einer App "Red Pinks!" mit eingebettetem Archiv und geht der Frage nach, wie sich Widerstand in den Bewegungen von Arbeiter_innen manifestiert hat und wie diese Gesten generationenübergreifend weitergegeben werden. In ihren künstlerischen Arbeiten sucht Burger nach Möglichkeiten, Gesten in eine neue queer-feministische Bildsprache zu übersetzen. Dafür hat sie eine besondere Tätigkeit in den Blick genommen, die zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sichtbarkeit der Arbeiter_innenbewegung steht, aber meist im Hintergrund blieb und von Frauen ausgeübt wurde: die Fertigung roter Papiernelken – das zentrale Symbol der österreichischen Sozialdemokratie.

Die App lädt Nutzer_innen ein, an derständigen Erweiterung einer widerständigen Bewegungsdatenbank mitzuwirken. www.red-pinks.net

Veronika Burger (geboren 1981) lebt und arbeitet als Künstlerin inverschiedenen queer-feministischen Kollektiven in Wien. www.veronikaburger.com

Die Basis für Christina Werners Arbeit "A Lion Tamer Story" liefern Episoden einer Frauenbiografie, die um Migration und die "Neuerfindung" der eigenen Lebensgeschichte kreisen. Die Protagonistin – in Kroatien geboren und über die Schweiz nach Österreich emigriert – verfolgte zunächst den Wunsch, als Löwendompteurin nach "Afrika" zu gehen. Diese wenigen biografischen Anhaltspunkte – ob real oder fiktiv, bleibt offen – werden in der Installation der Künstlerin in eine multiperspektivische und multimediale Collage übersetzt. Die mehrteilige Installation – bestehend aus Fotocollagen, einem Textbild, einem Vorhang, im 3D-Druckverfahren hergestellten Objekten und einem Video – gibt Archivmaterialien und persönlichen Erinnerungen eine Bühne. Hier finden sich unzählige Gesten und Geschichten weiblicher Selbstermächtigung.

Christina Werner (geboren 1976) lebt und arbeitet in Wien. www.christinawerner.com

Autoarchive Reloaded
Künstlerinnen: Om Bori, Veronika Burger, Christina Werner
Mit Textbeiträgen von Georgia Holz
18. März bis 7. April 2021
Künstlerhaus, Factory