TAK Theater Liechtenstein, Schaan: Hannah Arendt auf der Bühne

Auf die Bühne ihres kleinen Theaters zu treten, heisst denken – Denken heisst Handeln!

04.12.1975, New York. Hannah Arendt sitzt konzentriert am Schreibtisch und arbeitet an ihrem Buch «Vom Leben des Geistes». Sie weiss es so wenig wie es ein anderer wissen kann: dies wird der letzte Tag ihres Lebens gewesen sein.

Aus dem Nichts erscheint ein Mädchen und stellt sich als «auch eine Hannah» vor. Die Frage des Kindes, ob sie sich Worte ausdenke, irritiert Hannah Arendt.

Worte. Was kann man mit ihnen machen? Eine Geschichte erzählen. Ja. Und mehr. Sie sind das Mittel, um zu urteilen, um immer wieder neu anzufangen, um eine Welt zu schaffen, in der es sich zu leben lohnt – auch und erst recht angesichts finsterer Zeiten. Als praktische Denkerin nimmt Hannah Arendt die Herausforderung an. Sie geht mit dem Mädchen Hannah ins Theater. Das Denken von Arendt und das Theater treffen sich: Theater ist eine Schule des Urteilens, eine konkrete Basis - Figuren, Worte, Bilder, Szenen - für den Versuch, mit den grossen Fragen der Menschheit - Leben, Tod - umzugehen.

Die grosse Hannah macht die kleine Hannah mit ihren Vorbildern bekannt, mit den Traditionen, aus denen sie ihr Denken speist, mit den Autoritäten, an denen sich ihr Denken schärfte. Im Theater begegnen die beiden Aristoteles. Sie erleben die griechische Polis, aus der der Wolf verbannt ist, der das gemeinsame Leben in Freiheit bedroht und sie treffen auf die Weltfremdheit eines Fuchses, der in seinem Bau privatisiert, statt sich gegen die drohende Rückkehr des Wolfes zu rüsten.

Die Inszenierung, die ein junges Publikum, und jedes andere Publikum auch, auf das Denken von Hannah Arendt zuführt, folgt dem Weg der beiden Hannahs durch das Theater und benennt die historische Katastrophe, die die Jüdin Hannah Arendt zwang, vor den Nazis aus Deutschland zu fliehen.

Das Kinderbuch wie auch die Inszenierung lassen Bedrohung und finstere Zeiten ebenso wenig aus wie den Rückzug in das Private, den folgenlosen Diskurs und den Verlust der Menschlichkeit. Durch die Seiten zieht sich der Gedanke, dass Freiheit ein fragiles Gut ist, das es immer wieder neu zu erkämpfen gilt. Das hoffnungsvolle Ende beschreibt Hannah Arendts Glauben an das Unvorhersehbare, daran, dass mit jedem neuen Kind die Welt neu beginnen kann.

Hannah Arendt auf der Bühne
Von Ania Michaelis mit Felix Ensslin nach dem gleichnamigen Buch von Marion Muller-Colard
Agora-Theater St. Vith, Belgien

Regie Ania Michaelis
Text Ania Michaelis Felix Ensslin
Dramaturgie Felix Ensslin
Kostüme Petra Kather,
Szenografie/Masken Céline Leuchter,
Musikalische Leitung Wellington Barros
Videografie Conny Klar
Lichtdesign Clemens Hörlbacher
Ton Christopher Hafer
Technik Céline Leuchter/Joé Keil
Mit Wellington Barros, Karen Bentfeld, Galia De Backer, Roland Schumacher

Dienstag, 20.04.21 08.00 Uhr, TAK
Dienstag, 20.04.21 16.00 Uhr, TAK
Mittwoch, 21.04.21 08.00 Uhr, TAK