Kunst am Sonntag: Regina Marxer - Der Grund

2011–2013 entsteht Regina Marxers Werkgruppe "Der Grund". In klassischer Weise, wie es als Basis für die Ölmalerei üblich ist, grundierte sie die quadratischen Leinwände. Dreimal trug sie die weisse Grundierung auf, wobei sie verschiedene Maluntergründe – feinere oder gröbere – für die Bilder verwendete. Um eine leichtere und schnellere Verteilung der Feuchtigkeit der Farbe zu erreichen, wurden die bereits aufgezogenen Leinwände zum Grundieren auf den Boden gelegt.

Die Künstlerin, die den Vorgang der Herstellung und den Prozess des Trocknens, implizit der Reaktion der Materialien, genauestens beachtete, beschreibt den Ablauf wie folgt: "Die Leinwand, die beim Grundieren erschlafft und sich dann wieder zusammenzieht. – Die Spuren, die diese Arbeit der Leinwand auf der Grundierung hinterlässt, zusätzlich zu den Spuren des Pinsels, mit dem man die Grundierung aufträgt. Sehr viele Unabwägbarkeiten, unter anderem die Luftfeuchtigkeit, die das Zusammenziehen der Leinwand beschleunigt oder verlangsamt, der Pinselstrich, der das Weiss aufträgt und schlussendlich unsichtbar wird im Weiss auf Weiss. Fehler und Falten im Gewebe der Leinwand."

Zweck des Grundierens ist es, einen guten Malgrund zu erhalten, der letztendlich nicht zu sehen ist. Und die Kunst ist, all die Feinheiten, die dabei mitwirken – sei es das Wetter, die malerische Geste des Auftragens, die Gewebestruktur – einzubeziehen. Statt nun jedoch die Grundierung als Malgrund zu nutzen, begann die Künstlerin, durch Schraffieren mit einem dünnen Grafitstift diese selbst sichtbar werden zu lassen. "Durch Schraffieren mit dem Bleistift erscheinen diese Strukturen wieder auf der weissen Oberfläche. – Eine Archäologie des Hintergrundes. Versenkung statt Zerstreuung." Das an sich Nicht-Sichtbare wird sichtbar, es tritt an die Oberfläche. Regina Marxer geht mit ihrem künstlerischen Schaffen der Malerei auf den Grund. Sie selbst formuliert: "Beschäftigung mit dem Bild als Hintergrund, und dem Hintergrund des Bildes. Der Hintergrund des traditionellen Bildes, bestehend aus Keilrahmen, Leinwand, Grundierung, als Objekt der Untersuchung."

Das "Kunstwerk zum Sonntag" entstammt der Sammlung des Kunstmuseums Liechtenstein in Vaduz. In der Sammlung befinden sich zwei Werke von Regina Marxer aus der Gruppe "Der Grund". Sie sind aktuell ausgestellt in der Präsentation "Aus der Sammlung: Regina Marxer. Man weiss nicht, ob das, was man erfindet, einen nicht auch erfindet" (bis 16. Mai).
Die 1951 geborene Künstlerin Regina Marxer lebt und arbeitet in Vaduz.