Künstler, Medientheoretiker und langjähriger ZKM-Chef Peter Weibel †

Der 1944 in Odessa geborene österreichische Künstler, Kurator, Kunst- und Medientheoretiker und langjährige Chef des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe ist am 1. März nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren in Karlsruhe verstorben. Allgemein lässt sich sein Werk in Kategorien der Konzeptkunst, der Performance, des Experimentalfilms, der Videokunst, Computerkunst und allgemein der Medienkunst fassen.

Weibel entwickelte eine künstlerische Sprache, die ihn ab 1965 von der experimentellen Literatur zur Performance führt. In seinen performativen Aktionen untersucht er nicht nur die "Medien" Sprache und Körper, sondern auch Film, Video, Tonband und interaktive elektronische Umgebungen. Kritisch analysiert er ihre Funktion für die Konstruktion von Wirklichkeit. Neben Aktionen mit Vertretern des Wiener Aktionismus arbeitet er ab 1967 (zusammen mit Valie Export, Ernst Schmidt jr. und Hans Scheugl) an einem "erweiterten Kino". Es ist durch das amerikanische Expanded Cinema inspiriert und reflektiert die ideologischen und technischen Bedingungen der filmischen Darstellung.

Als Theoretiker und Kurator setzte er sich für eine Kunst und eine Kunstgeschichtsschreibung ein, die Technikgeschichte und Wissenschaftsgeschichte berücksichtigt. In seiner Funktion als Lehrer an Universitäten und langjähriger Leiter von Institutionen wie der Ars Electronica, Linz, dem Institut für Neue Medien in Frankfurt am Main, und dem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe beeinflusste er besonders die europäische Szene der sogenannten Computerkunst durch Konferenzen, Ausstellungen und Publikationen.
Von 1976 bis 2012 lehrte und forschte er in Wien als ordentlicher Professor an der Angewandten, wo er Europas erstes Studium für Medienkunst etablierte. Auch nach seiner Emeritierung 2012 blieb er als emeritierter Professor an der Angewandten tätig.

Seit 1986 war Peter Weibel künstlerischer Berater der Ars Electronica, von 1992 bis 1995 auch ihr künstlerischer Leiter. Von 1993 bis 1999 kuratierte er den Pavillon Österreichs auf der Biennale von Venedig. Zwischen 1992 und 2011 war er Chefkurator der Neuen Galerie Graz. 2008 kuratierte er die Internationale Biennale von Sevilla. 2011 war er Kurator für die 4. Moskauer Biennale. Von 2015 bis 2017 war er Kurator von Lichtsicht, der Projektions-Biennale in Bad Rothenfelde.

Das ZKM Karlsruhe entwickelte Weibel die letzten 24 Jahre zu einer international renommierten Kunstinstitution mit einem weltweit einzigartigen Profil. Bis zuletzt arbeitete er intensiv an den kommenden Ausstellungen, Veranstaltungen und Publikationen des ZKM.

Petra Olschowski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, in einem Nachruf zu Peter Weibel: "Mit seinen Ausstellungen im ZKM hat Peter Weibel uns immer wieder vor Augen geführt, wie sich unsere Wahrnehmung der Welt durch die digitale und mediale Transformation wandelt. Seine avancierten Ansätzen waren immer herausfordernd, denn in seinen oft brillanten Konzepten war Peter Weibel dem Heute oft voraus. Das weltweite Renommee und die dauernde Weiterentwicklung und Öffnung des ZKM für Themen und gesellschaftliche Fragen sind dieser Haltung und seinem kompromisslosen Einsatz zu verdanken. In diesem Sinn war er in vielen Gremien des Landes und auch mir persönlich ein wichtiger Ratgeber. Sein plötzlicher Tod lässt uns erschüttert zurück."